Serbien: Eine Reise in ein unbekanntes europäisches Land
Eine Reise nach Serbien hat den Reiz, ein Land zu entdecken, von dem wir noch nicht viel wissen. Ein kleiner blinder Fleck auf unserer Landkarte Europas, den man leicht übersieht. Serbien liegt im Zentrum des Balkans und hat viele Nachbarn: Ungarn im Norden; Bosnien und Herzegovina, Montenegro und Albanien im Westen, Mazedonien im Süden und Rumänien und Bulgarien im Osten.
Belgrad, die weiße Stadt, ist meist das Tor zu diesem europäischen Abenteuer. Hinter der Festung mit Donaublick spaziert man durch die moderne Flaniermeile und biegt dann gleich in das Künstlerviertel rund um die berühmte Skadarlija ein.
Verzaubert von dem historischen, böhmischen Flair beginnt hier eine besondere kulinarischen Reise. Neben der vielfältigen, meist deftigen serbische Küche findet man aber auch moderne Küche. Nachts sitzt man gut in dem Gartenlokal „Radost fina kuhinjica“ und genießt die experimentelle vegane Küche.
Auch in den Restaurants am Donauufer lässt sich gut darüber nachdenken, warum es in Serbien nur zwei Jahreszeiten geben soll: Sommer und die Regenzeit (von November bis März). Etwas anders ist der erste Kaffee auf dem Gemüsemarkt am frühen Morgen. Der „serbische Kaffee“ hat mit seinem Bodensatz große Ähnlichkeiten mit dem mir bekannten türkischen Kaffee. Doch damit ist man schon in der Geschichte Serbiens. Immer wieder erzählte die Reiseführerin von Schlachten mit türkischen Heeren, die auf dem Weg nach Wien hier durchzogen.
Geblieben sind nicht nur Gedenksteine, Wachtürme und Relikte von Burgen, sondern auch der beliebte Snack „Döner“. Neben der Universitätsstadt Novi Sad , dem serbischen Athen, ist Sremski Karlovic (Karlowitz) einen Ausflug in den Norden wert. Diese barocke Altstadt, mit Sitz des serbisch-orthodoxen Erzbischofs, ist Zentrum des Weinanbaues.
Für eine Serbienrundreise bietet sich die Fahrt aufs Land nach Osten an – da, wo die Donau das Land dominiert. Wie lebendig und bevölkerungsnah die Kirche auf dem Lande heute noch ist, konnte ich morgens in der Empfangshalle unseres Hotels beobachten. Ein orthodoxen Priester, einen Kaffee trinkend, saß hier und plauderte mit mehreren Einheimischen.
Die Menschen, die wir trafen, waren zurückhaltend und freundlich. Nicht alle sprachen neben Serbisch eine zweite Sprache. So ging auch mal eine Bestellung daneben, wenn aus einem bestellten Rotwein eine Limonade wurde. Wir trafen auch etwas eigenartige Menschen, zum Beispiel den Kapetan Mis`in Breg, der behauptete, noch nie Schuhe getragen zu haben. Aber immer boten sie uns zu deftigem Essen – wie Goulasch, Wild, Fisch und Schiwapchichi – guten Wein an.
Zwei Landschaftypen dominieren: Die ehemaligen Waldsteppen der Donauniederung und südlich das mit Gebirge, Hochebenen, Beckenlandschaften und Flußebenen vielfältige und abwechslungsreiche Gebiet. Die fünf Nationalparks Serbiens laden naturbegeisterte Menschen zu beeindruckenden Erlebnissen ein.
Im Osten verläßt man die Ebene und die Donau bildet die größte Flußklippenlandschaft Europas. Hier durchbricht sie die südwestlichen Karpaten und bildet tiefe Schluchten. Das Biophärenreservat von Derpad bietet über 1.100 Pflanzenarten und Tieren wie Braunbären, Luchsen, Wölfen Goldschakalen und Schwarzstörchen einen einzigartigen Lebensraum. Das diese Region um den Nationalpark Derdap nicht immer so verlassen war, beweisen archäologische Funde von vor 12.000 Jahren. Menschen nutzten damals die optimalen Lebensbedingungen um zu siedeln. Sehr anschaulich zeigt uns das Besucherzentrum „Lepenski Vir“ – im Nachbau eine der ersten menschlichen Siedlungen aus der Zeit von 7.000 bis 6.000 v. Chr. Aber es gibt auch neuere Zeitzeugnisse. Die Ausgrabungsstätte „Felix Romuliana“, UNESCO Weltkulturerbe – eine Palastanlage, die die Römer um 311 n. Chr. errichteten.
Noch mehr wilde Natur gibt es dann im Südwesten Serbiens. In der Nähe von Despotovac befindet sich die unter Naturschutz stehende 4,5 km lange und 80 Millionen Jahre alte Tropfstein Höhle Resava. Auf der Rückfahrt bietet sich die lebhafte und drittgrößte Stadt Serbien Nis als Übernachtung an.
Etwas außerhalb des Zentrums steht das Nationaldenkmal – der Schädelturm (cele kula), in welchem insgesamt 952 Schädel von im Kampf auf Čegar gefallenen Soldaten zu einem Turm aufgebahrt wurden. Erbaut im Jahre 1809 nach dem Ersten Serbischen Aufstand zur Befreiung von den Osmanen. Heute sind nur mehr 58 Schädel erhalten, denn die meisten wurden gestohlen oder in Würde begraben. Der drei Meter hohe Turm ist das Wahrzeichen der Stadt. Ein letzter Halt auf dieser Reise führte zu einer Besichtigung der neu gebauten Brauerei „Kabinet“ vor den Toren Belgrads. Die Verköstigung der sechs köstlichen Craft- Bieresorten stand somit für die Vielfalt Serbiens und seiner Bereitschaft dem europäischen Markt beizutreten.
Weitere Infos unter: www.serbien.travel
Text, Fotos: Ralf Flucke