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Musikalisches Familienerbstück: Krippenspiel in Kleinmachnow

Vor etwa 100 Jahren wurde das Krippenspiel erstmals in der Familie von Christiane Heinke aufgeführt. Damals noch als Hirtenszene im Gottesdienst, heute gleicht die Aufführung im Heizhaus auf dem Seeberg in Kleinmachnow eher einem Musical, in das die ganze Familie involviert ist.

Heinkes Urgroßvater war in den 20er-Jahren Pfarrer in Berlin-Mitte und organisierte zu Weihnachten die Aufführung der Hirtenszene im Gottesdienst. „Er wollte den Kindern nach den dunklen Jahren des Krieges etwas Schönes bieten“, weiß Heinke. In den 50er-Jahren übernahm dann ihre Großmutter die Organisation, seitdem ist das Krippenspiel in Frauenhand und machte bereits Station in Flensburg, Remscheid und Hannover.

Mitte der 70er-Jahre übernahm Heinkes Mutter Heidrun. Die Sängerin gab damit den Startschuss für eine Aufführung, die es später sogar ins Fernsehen schaffen sollte. „Meine Mutter hat es in die heutige Form gebracht, wie die Kleinmachnower sie heute kennen, und darin auch Musiker auftreten lassen.“
Heidrun Heinke fand dafür eine 300 Jahre
alte Scheune in Jerze, einem Ort südlich von Hildesheim mit nicht einmal 200 Einwohnern. „Die Leute saßen darin ganz klassisch auf Strohballen.“ Beheizt sei die Scheune nicht gewesen, für die rund 40 Darsteller in ihren dünnen Kostümen sei das nicht immer angenehm gewesen, vor allem nicht bei Minusgraden. „In jede Vorstellung kamen etwa 5.000 Leute. Die ersten Karten wurden schon im August verkauft, Reiseunternehmen organisierten sogar Fahrten zum Krippenspiel“, erinnert sich Heinke. Der Höhepunkt kam 1987, als der WDR das Stück aufnahm und im Fernsehen sendete. „Es lief zu Weihnachten jahrelang in den dritten Programmen.“

Heinke selbst hat als Dreijährige erstmals mitgespielt und einen Sternenfänger verkörpert. Inzwischen hat sie schon jede Rolle im Krippenspiel einmal gespielt, sogar die Maria. „Jeder in der Familie hat schon mal irgendwie mitgemacht.“ Auch heute noch. Viele Rollen sind in der Familie verteilt. Heinkes Schwester und deren Sohn spielen mit, die Cousinen und deren Kinder, und auch ihre eigene Tochter ist dabei. Heinkes Mann hilft bei der Organisation, seine Firma stellt jedes Jahr Bühne, Technik, Licht und einen Transporter. Der Aufbau beginnt bereits am Donnerstag vor der Veranstaltung. Auch Heinkes Freundinnen, ehemalige Musikschülerinnen und deren Mütter verkaufen Eintrittskarten oder Waffeln, heißen Apfelsaft, Schmalzstullen
und Glühwein an einem der Stände, an ­denen die Zuschauer auch vorher oder hinterher miteinander ins Gespräch kommen können.“

2008 übergab Heidrun Heinke das Zepter an ihre Tochter. Mittlerweile lebte die Musicaldarstellerin seit einigen Jahren in Kleinmachnow, arbeitete dort als Musikschullehrerin und fand, dass die Gemeinde das Krippenspiel brauchte. Nach einer Scheune wie in Jerze suchte sie aber vergebens. Beinahe wäre das erste Kleinmachnower Krippenspiel in der Neuen Hakeburg aufgeführt worden, dann wurde es doch das Heizhaus aus Backstein in der internationalen Schule. „Das Tolle an diesem Ort war, dass wir ihn gestalten konnten, wie wir uns das vorstellten“, so Heinke. „In einem modernen Gemeindesaal würde das Krippenspiel wohl nicht so passen.“

Im Gegensatz zum normalen Krippenspiel, werden die alten Verse gesungen. Rund 40 Darsteller verkörpern Engel, Sternenfänger und Verkündungsengel, das Bauernpaar, fünf Hirten, die Heiligen Drei Könige und natürlich Maria und Josef. Nur das Baby ist eine Puppe. Sie werden gespielt von Musikschülerinnen und -schülern, den Frauen aus dem Chor, den Heinke leitet, und aus Familienmitgliedern. Die Rolle der Maria übernimmt seit dem ersten Jahr Sängerin Ulrike Gollmer, die mal Musikschülerin von Christiane Heinke war. Beruflich hat sie sich inzwischen zwar anders orientiert, aber dem Krippenspiel ist sie immer treu geblieben. „Das Krippenspiel ist eine Herzensangelegenheit“, sagt die Tierärztin aus Berlin. Und auch die Zuschauer sind berührt. „Sie erzählen mir, dass es das Gefühl von früher vermittelt“, freut sich Heinke.

Das Krippenspiel an die nächste Generation abzugeben, kommt für die 53-Jährige längst noch nicht in Frage. „Aber meine Tochter lebt inzwischen im Norden von Deutschland, und ich könnte mir vorstellen, dass sie dort selbst ein Krippenspiel ins Leben ruft.“ Ein Traum wäre für Heinke, wenn sich auch in der Nähe von Kleinmachnow eine Scheune finden würde, wie es sie in Jerze gab. „Vielleicht finden wir ja irgendwann mal etwas in Güterfelde.“ Die Veranstaltung findet am 21. Dezember um 15:00, 17:30 und 19:30 Uhr statt und am 22. Dezember um 14:30 und 17:00 Uhr. Der Eintritt für diese vier Veranstaltungen beträgt 6 Euro. Am Samstag um 19:30 Uhr wird es wieder eine längere Fassung mit Konzertmusik geben (Eintritt:
9 Euro). Viele der Musikschüler hatten sich eine solche Version gewünscht, um auch ihre Instrumente spielen zu können. Karten für die Veranstaltung sind im ­Natura-Buchhandel erhältlich oder unter www.krippenspiel-kleinmachnow.de.

Text: Andrea Nebel/ Foto: KMS Potsdam-Mittelmark