Der Klimaschutzmacher
Matthias Putzke ist seit einem Jahr Klimaschutzmanager der Stadt Teltow. Mit dem TSB-Verlag spricht er über erste Errungenschaften und gibt Einblick in seine Pläne.
TSB-Verlag: Herr Putzke, wie war denn ihr erstes Jahr als Klimaschutzmanager in Teltow? Sind sie gut angekommen?
Matthias Putzke: Ja, das bin ich. Zunächst habe ich mich natürlich innerhalb der Verwaltung vorgestellt. Man muss auch erst einmal die Akteure in der Stadt kennenlernen. Vernetzung war auch wichtig in TKS und Brandenburg – sofern das unter Corona-Bedingungen möglich war. Dann habe Inventur gemacht: Welche Projekte gab es schon und sind möglicherweise im Dornröschenschlaf? Auch habe ich vom Regionalmanager einige Projekte übernommen und vollendet.
Mit welchen Projekten haben Sie losgelegt?
Ich habe zunächst kleine Projekte angeschoben, wie die Teilnahme an der Earth Hour, bei der eine Stunde lang die Lichter ausgeschaltet werden. Dann werden wir jetzt einen kostenlosen E-Lastenradverleih aufbauen. Dafür haben wir für das erste Lastenrad 80 Prozent Förderung vom Land bekommen. Damit kann man seine Einkäufe machen oder seine Kinder herum kutschieren. Ein weiteres kleines Projekt war die Upcycling Box, die vor dem Einwohnermeldeamt im Rathaus steht und sehr gut aufgenommen wird. Damit sammeln wir Kerzen, Korken und Kugelschreiber. Aus den Kerzenresten entstehen neue Kerzen, die Weinkorken werden zu Dämmplatten verarbeitet.
Es war mir wichtig, mit kleinen Maßnahmen zu beginnen, um Prozesse und Strukturen kennenzulernen. Denn wenn ich mit einem großen Projekt beginnen würde, bevor ich die Strukturen kenne, wären die Reibungsverluste zu groß.
Gab es trotzdem schon eine größere Maßnahme?
Zu den größeren Maßnahmen gehört, dass alle Veranstaltungen in Teltow zukünftig klimaneutral werden sollen. Dazu gab es einen Beschluss der Stadtverordneten. Deshalb haben wir einen Workshop durchgeführt und anhand des Teltower Stadtfests geprüft, wie wir solche Veranstaltungen mit Einweggeschirr bespielen können. Bei 600.000 Besuchern ist das ein dicker Brocken.
Ein weiteres größeres Projekt ist die Ökostromausschreibung: Wir sind gerade dabei, die Stromversorgung für unsere gesamten Liegenschaften, also zum Beispiel alle Schulen und Kitas, europaweit auszuschreiben. Dazu sind wir verpflichtet, und ich möchte erreichen, dass wir 100 Prozent zertifizierten Ökostrom verwenden. Das würde dazu führen, dass Teltows Stromausgaben zu mindestens 10 Prozent in den Ausbau von Erneuerbaren Energien fließen. Wenn das gelingt, wären wir in Deutschland in der Spitzengruppe. Es gibt nicht viele Städte in Deutschland, die das haben.
Ist das nicht mit deutlich mehr Kosten verbunden?
Das Schöne ist, dass die Mehrkosten beim Wechsel zu Ökostrom überschaubar bleiben. Überhaupt will ich erreichen, dass wir Investitionsentscheidungen nicht nur anhand der Investitionssumme treffen. Zum Beispiel beim Bau der neuen Feuerwache und des Sportplatzes in Ruhlsdorf: Bei diesen beiden Neubau-Objekten haben wir zum ersten Mal die Lebenszykluskosten ermittelt. Ich will versuchen, dass bei der Entscheidung, wie und was wir bauen, die Kosten und Emissionen berücksichtigt werden, die das Objekt im Laufe seines Lebenszyklus erzeugt. Das wäre ein Paradigmenwechsel in den Köpfen.
Hier geht es also darum, dass auch die Entsorgung am Ende der Lebensperiode mitberechnet wird?
Ja, bis zum Rückbau. Und zusätzlich der Verbrauch und die Nutzungskosten. Grob gesagt: Wenn man günstig baut, sind die Nutzungskosten höher – und das 50 Jahre lang. Wenn man teurer baut, sind die Nutzungskosten geringer. Soweit die Theorie. Das muss man aber beweisen, und das haben wir bei diesen zwei Bauvorhaben gemacht. Daher bin ich sehr guter Dinge, dass wir in Teltow eine klimaneutrale Feuerwache bauen werden, weil sie uns über die Lebenszykluskosten günstiger kommt als über die Investitionssumme. Ich denke, dass wir die Verantwortung dafür tragen, der nächsten und übernächsten Generation so wenig Kosten und Altlasten wie möglich aufzuhalsen. Und das ist eigentlich kein Hexenwerk, man muss es einfach nur machen.
Treffen Sie mit dieser Idee auf Zustimmung?
Immer wenn irgendetwas neu ist, hat man nicht überall Freunde. Neues erzeugt oft einen Widerstand. Und natürlich hat die Feuerwache selbst Handlungsdruck und braucht alles so schnell wie möglich. Wenn es gelingt, trotz dieser Barriere eine Neugierde zu wecken und zu zeigen, dass es interessant ist, sich damit zu beschäftigen, sieht man plötzlich nicht nur diese Millionensumme am Anfang sondern auch die Konsequenzen für die nächsten Jahrzehnte. Meiner Meinung nach sind wir verpflichtet, diese Konsequenzen aufzuzeigen – in Euros. in Kilowattstunden und in CO2-Tonnen. Damit macht man sich bei denen keine Freunde, die so schnell wie möglich losbauen wollen.
Ganz allein und ohne Unterstützung können sie aber nichts bewirken.
Es gibt einen Klimanotstandsbeschluss der Stadt Teltow, der besagt, dass jede Maßnahme innerhalb der Verwaltung, die zur Emission von Treibhausgasen führt, geprüft werden muss und man sich für die möglichst positive entscheidet. Das kann ich natürlich nicht allein durchsetzen. Das muss von der Verwaltung mitgetragen werden, denn ohne Rückendeckung geht es nicht.
Gibt es etwas, auf das sie sich besonders freuen?
Die Solar- und Gründachinitiative! Das Ziel: Wir erzeugen auf den Dächern der öffentlichen Einrichtungen Solarstrom für das eigene Gebäude, kühlen durch die extensive Begrünung auf dem Dach die Temperatur darin ab, schaffen gleichzeitig ein Biotop und eine CO2-Senke. Und wo es passt, stellt der Imkerverein noch Bienenvölker auf, sodass wir eigenen Honig erzeugen. Auch das ist keine Raketentechnologie – man muss es einfach nur machen. Das kostet natürlich Geld, und das ist nicht im Budget. Aber ich hoffe sehr auf eine Förderung, die ich im Dezember 2020 beim Land Brandenburg beantragt habe. Ohne die Förderung lässt sich das Projekt nicht realisieren – es wäre einfach zu teuer. Schließlich muss jedes einzelne Dach auf Statik geprüft werden und dafür brauchen wir dieses Geld.
Das sind große Pläne, die toll klingen. Was aber kann jeder Einzelne in Teltow tun, um dem Klima nicht weiter zu schaden?
Wenn es irgendwie geht aufs Fliegen verzichten, weniger Auto fahren, mehr Radfahren, weniger Fleisch essen, eine Photovoltaik-Anlage installieren. Das ist alles längst bekannt. Aber aufgepasst: Eine der effizientesten Klimaschutzmaßnahmen im privaten Haushalt ist das Trinken von Leitungswasser. Leitungswasser kann man immer unbedenklich trinken und hat eine extrem positive CO2-Bilanz.
Das Gespräch führte Rosa Ortega.