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Armut in Brandenburg leicht gesunken – Kinderarmut in Deutschland gestiegen

Rund 365.000 Menschen zählten im Jahr 2022 in Brandenburg zu den Einkommensarmen. Die Armutsquote lag bei 14,2 Prozent. Das zeigt der aktuelle Armutsbericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes.

Der am 26. März veröffentlichte Armutsbericht zeigt eine bundesweite Armutsquote 2022 von 16,8 Prozent. Die Anzahl armer Menschen blieb gegenüber dem Vorjahr damit praktisch konstant (-0,1 Prozent). In den letzten 20 Jahren nahm die Armut in Deutschland immer mehr zu. In Brandenburg gehen die Zahlen dagegen tendenziell zurück. Nach Beginn der Corona-Pandemie 2020/21 gab es zwar einen leichten Anstieg, zuletzt sank die Armutsquote hierzulande aber wieder leicht um 0,6 Prozentpunkte. Seit 2016 liegt sie unter dem Bundesdurchschnitt.

„Der Rückgang der Armutsquote in Brandenburg ist ermutigend. Er zeigt, dass die wirtschaftliche Erholung in Brandenburg voranschreitet und sich die Einkommenssituation weiter verbessert“, so Andreas Kaczynski, Vorstand des Paritätischen Brandenburg. „Dennoch steht fest: Noch immer ist einer von sieben Menschen in unserer Mitte von Armut betroffen. Und es trifft einzelne Bevölkerungsgruppen überproportional. Dazu zählen Alleinerziehende und Kinder, aber auch Rentnerinnen und Rentner. Hier muss die Unterstützung ansetzen, insbesondere Familien müssen weiter entlastet werden. Deshalb wäre eine Kindergrundsicherung, die den Namen verdient, besonders wichtig. Und immer mehr ältere Menschen sind angesichts geringer Renten auf Unterstützung und Solidarität angewiesen. Eine armutsfeste Grundrente und eine Pflegevollversicherung, wie wir sie seit langem fordern, würden helfen, das Alter nicht in Armut zu verbringen.“

Die regionalen Armutsquoten für Brandenburg zeigen deutliche Unterschiede:

Havelland Fläming                           14,0

Lausitz-Spreewald                           14,7

Oderland-Spree                                14,3

Prignitz-Oberhavel                           15,5

Uckermark-Barnim                           12,0

Den bundesweit stärksten Rückgang der Armut gab es zuletzt in Berlin: Hier sank die Quote um 2,7 Prozentpunkte. Nach wie vor ist die Hauptstadt jedoch stärker von Armut betroffen als der Bundesdurchschnitt (17,4 Prozent).

Während in Bayern jede achte Person von Armut betroffen ist, ist es in Sachsen-Anhalt, Nordrhein- Westfalen und Hamburg jede fünfte Person, in Bremen sogar fast jede dritte. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Armut in Berlin besonders stark gesunken (von 20,1 auf 17,4 Prozent), während sie in Hamburg, in Schleswig-Holstein und im Saarland besonders stark gestiegen ist.

Jedes fünfte Kind in Deutschland von Armut betroffen

„Die Befunde sind durchwachsen, aber einen Grund zur Entwarnung gibt es nicht”, so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. So scheine der Trend stetig wachsender Armut auf Bundesebene zwar auf den ersten Blick gestoppt, aber noch lange nicht gedreht. Nach dem Armutsbericht müssen 14,2 Millionen Menschen in diesem reichen Land zu den Armen gezählt werden. 2022 waren damit fast eine Million Menschen mehr von Armut betroffen als vor Pandemie, Energie- und Preiskrise im Jahr 2019 und 2,7 Millionen mehr als 2006. Insbesondere Alleinerziehende, kinderreiche Familien und Menschen mit schlechten Bildungsabschlüssen oder ohne deutsche Staatsangehörigkeit sind von Armut betroffen. Auf einen neuen traurigen Rekordwert ist nach der Studie zudem die Kinderarmut gestiegen: Mehr als jedes fünfte Kind ist mittlerweile von Armut betroffen (21,8 Prozent). Unter Alleinerziehenden lag die Armutsquote bei 43,2 Prozent.

Der Paritätische fordert die Bundesregierung zu einer entschlossenen Armutspolitik auf. Dazu gehört aus Sicht des Verbandes unter anderem die Anhebung des Mindestlohns auf 15 Euro, der Ausbau der Kinderbetreuung, eine Kindergrundsicherung, die vor Armut schützt und eine solidarische Pflegeversicherung als Vollversicherung.

Der Sozialverband VdK, die größte sozialpolitische Interessenvertretung in Deutschland, fordert von der Regierung Nachbesserungen. VdK-Präsidentin Verena Bentele sagte: „Mehr als jedes fünfte Kind ist laut dem aktuellen Armutsbericht des Paritätischen Gesamtverbands mittlerweile von Armut betroffen. Das ist eine Schande für so ein reiches Land wie Deutschland! Der neue Höchststand zeigt, dass Hilfen offenbar nicht dort ankommen, wo sie am dringendsten gebraucht werden. Umso wichtiger ist es, dass das System reformiert wird. Wir brauchen eine gute Kindergrundsicherung, die Kinder wirklich vor Armut bewahrt. Mit der Kindergrundsicherung, wie sie im Moment geplant ist, können wir die Kinderarmut in Deutschland nicht bekämpfen. Das Ziel, Leistungen zu bündeln und so den Zugang für betroffene Familien zu erleichtern, wurde weit verfehlt. Verschiedene Leistungen müssten weiterhin bei mehreren Behörden beantragt werden. Und eine vollautomatisierte Auszahlung wird es schon mal gar nicht geben. Wenn wenigstens mehr Geld bei den Familien ankommen würde, wäre das unzureichende Verfahren leichter hinzunehmen. Doch wie es jetzt aussieht, werden Familien – wenn überhaupt – nur sehr wenige Euros mehr im Portemonnaie haben. Die Regierung muss dringend nachbessern, damit der Armutsbericht im kommenden Jahr nicht einen neuen Höchststand bei der Kinderarmut vermelden muss. Eine ausreichend finanzierte Kindergrundsicherung kann ermöglichen, dass Kinder aus armen Familien genügend gesundes Essen, angemessene Kleidung und vor allem Teilhabechancen erhalten.“

Die Armutsquoten im Armutsbericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes beruhen auf dem Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes. Als arm gelten Menschen, die weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens des Landes zur Verfügung haben.

Foto: Pixabay.com und der paritätische Gesamtverband