„In Echt? – Virtuelle Begegnung mit NS-Zeitzeugen“
Wissenschaftsministerin Dr. Manja Schüle und Bildungsminister Steffen Freiberg haben am 28. November einen Förderbescheid in Höhe von 40.560 Euro für das Projekt „In Echt? At School – Immersive Bildungsarbeit im Unterricht“ an die Geschäftsführerin der Brandenburgischen Gesellschaft für Kultur und Geschichte gGmbH, Katja Melzer, die Präsidentin der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf, Prof. Dr. Susanne Stürmer, und an Nadine Wrobel-Sparig, Geschäftsführerin des Erich Pommer Instituts sowie Prof. Björn Stockleben von der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF übergeben. Mit den Mitteln werden ein Klassensatz VR-Brillen sowie Workshops für deren technische Anwendung finanziert.
Das Kooperations-Projekt „In Echt? – Virtuelle Begegnung mit NS-Zeitzeugen“ hat es sich zum Ziel gemacht, den Einsatz moderner Medien in der Geschichtsvermittlung und Erinnerungskultur nach dem baldigen Ende der NS-Zeitzeugenschaft zu untersuchen. Mit der Förderung kann das Erich Pommer Institut VR-Brillen anschaffen und die Universität Potsdam in der praktischen Erprobung des Projekts „In Echt?“ unterstützen. Das Zentrum für Lehrerbildung der Universität Potsdam kann dank der Förderung seinen angehenden Lehrern die Unterrichtsgestaltung mit VR-Brillen und der „In Echt?“-App anbieten.
„In Echt? At School “ ist die Weiterführung des Projektes, das die virtuelle Begegnung mit NS-Zeitzeugen nun in der Erinnerungsarbeit für Schulklassen und in der außerschulischen Bildung erprobt.
Ministerin Dr. Manja Schüle: „Das Ausstellungsprojekt „In Echt?“ bietet berührende Begegnungen mit jüdischen Holocaust-Überlebenden im virtuellen Raum. Gerade weil die Zahl der noch lebenden Zeitzeuginnen und Zeitzeugen von Jahr zu Jahr kleiner wird, ist es umso wichtiger, diese authentischen Stimmen gegen das Vergessen zu bewahren, zugänglich zu machen und zeitgemäße Wege der Vermittlung zu entwickeln. Dafür setzt sich das großartige Projekt des Erich Pommer Instituts ein: Es unterstützt die Vermittlung in den Schulen sowie die Lehrkräftebildung, um die Zeitzeugeninterviews inhaltlich und technisch gut vorbereitet in Schulen einsetzen zu können. Ich finde: Wir mehr brauchen innovative und eindrückliche Angebote wie dieses, um antisemitischen Verschwörungsmythen und Geschichtsrevisionismus entgegenzutreten. Denn: Nur eine aufgeklärte Gesellschaft kann sich erinnern.“
Minister Steffen Freiberg: „Erinnerung hat kein Verfallsdatum. Doch was passiert, wenn diejenigen, die sich erinnern, uns verlassen? An dieser historischen Schwelle eben wir heute. Im Projekt „In Echt?“ werden Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft auf ganz besondere Weise verbunden. Zeitzeugen geben ihre Erinnerungen authentisch weiter und zugleich fühlen sich Kinder und Jugendliche durch ein Medienformat ihrer Generation angesprochen. Ich kann Schulen nur ermutigen, dieses Angebot zu nutzen. Die digitale Lösung zum Beispiel mit VR-Brillen zeigt: Veränderung lässt sich nicht aufhalten, aber gestalten. Da ist der Ansatz modernen Bildungspolitik in Brandenburg.“
Hintergrund: „In Echt? – Virtuelle Begegnung mit NS-Zeitzeugen“
Im Herbst 2022 startete das Projekt „In Echt?“ als Kooperation zwischen der Brandenburgischen Gesellschaft für Kultur und Geschichte und der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF. Gemeinsamt entwickelten die Projektpartner eine virtuelle Begegnung mit fünf NS-Zeitzeugen, um ihren Einsatz in der erinnerungspolitischen Bildungsarbeit zu erproben.
Das Material wurde eine mobile Ausstellung überführt, die ab Sommer 2023 durch Brandenburg tourte und vor Ort Schülerinnen und Schülern in Workshops neue Wege der Auseinandersetzung mit der NS-Zeit und der Begegnung mit NS-Zeitzeugen ermöglichte. Der mobilen Ausstellungstour schloss sich eine wissenschaftliche Evaluationsphase an, in der die Ausstellung inkl. VR-Experience und die pädagogische Arbeit mit Schülerinnen und Schülern ausgewertet wurde. Seit dem 8. November ist „In Echt?“ als Ausstellung im Brandenburg Museum zu sehen.
Die Ausstellung im Brandenburg Museum basiert auf dem gleichnamigen Projekt „In Echt? – Virtuelle Begegnung mit NS-Zeitzeugen“, das von 2022 bis 2024 von der Brandenburgischen Gesellschaft für Kultur und Geschichte gGmbH (BKG) konzipiert, in Kooperation mit der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF realisiert und im Rahmen der Bildungsagenda NS-Unrecht vom Bundesministerium der Finanzen (BMF) und der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft gefördert wurde.
Ziel der Förderung
Das Erich Pommer Institut (EPI) ist als An-Institut der Filmuniversität Babelsberg einer der führenden Weiterbildungsanbieter in der deutschen und europäischen Medienbranche. Das EPI möchte die Lernerfahrung mit der sogenannten XR-Anwendung (Extended Reality-Anwendungen) des „In Echt?“-Projektes in der Lehrerbildung einsetzen. Virtuelle Begegnungen bieten eine einzigartige Möglichkeit, Geschichte erleb- und erfahrbar zu machen. Sie können dazu beitragen, dass Geschichte nicht nur als abstrakte Information, sondern als lebendige Erfahrung vermittelt wird. Um Lehrkräfte und Lehramtsanwärter auf den Einsatz der VR-Technologie vorzubereiten, will das EPI regelmäßige Schulungen anbieten. Diese Workshops sollen nicht nur technische Kompetenzen vermitteln, sondern auch didaktisch-methodisches Wissen zur Integration der virtuellen Anwendungen in den Unterricht. Die 30 Virtual Reality Headsets sollen über vier Semester einmal pro Semester im Rahmen eines Workshops für Lehrer (insbesondere Studierende und Lehramtsanwärter) zum Einsatz kommen. Ergänzend dazu wird ein flexibles Baukastensystem aus Lernmaterialien entwickelt, das die eigenständige Anpassung des Konzepts an verschiedene Unterrichtssituationen ermöglicht.
Bereitstellung und Support
Die VR-Brillen vom Typ Meta Quest 3 werden durch die Unterstützung der Digital Labs der Universität Potsdam bereitgestellt, um die Brillen für die Unterrichtsplanung zur Verfügung zu stellen. Bei der technischen Wartung wird das Erich Pommer Institut vom Creative Exchange Studio (CX Studio) der Filmuniversität unterstützt.
Die Ausstellung „In Echt? – Virtuelle Begegnung mit NS-Zeitzeugen“
Die Begegnung mit Zeitzeugen ist eine besondere Erfahrung. Die letzten Überlebenden werden nicht müde, ihre Erinnerungen mit den nachfolgenden Generationen zu teilen. Ihr Engagement dient uns als Mahnung, ihre Geschichten sind ein wichtiger Teil unseres kulturellen Gedächtnisses. Die Ausstellung „In Echt?“ ist interaktiv, diskursiv und partizipativ. Sie zeigt einen möglichen Weg, wie virtuelle Zeitzeugengespräche die Erzählungen der Überlebenden bewahren und die Lücke füllen können, wenn es keine Zeitzeugen mehr gibt.
Im Brandenburg Museum bekommen Besucher Gelegenheit, mit „In Echt?“ neue Wege des Erinnerns kennenzulernen und eine persönliche Antwort zu finden auf die Fragen: Kann die virtuelle Begegnung einen emphatischen, individuellen und emotionalen Zugang zur NS-Geschichte ermöglichen? Was kann der Einsatz moderner Medien in der Erinnerungsarbeit möglicherweise nicht bewahren?
In der Ausstellung können Besucher eine Virtual-Reality-Experience mit Zeitzeugen erleben. Eine persönliche Erzähl- und Interviewsituation ermöglicht es, die Geschichten der Überlebenden auf eine neue, eindringliche Weise zu erleben. Diese Erfahrung wird durch einen Parcours ergänzt, der in analogen und digitalen Stationen die Produktionsumstände dieser Interviews beleuchtet. In einem nachgebauten volumetrischen Studio ist die Aufnahmesituation für Besucher erfahrbar. Zur Ausstellung gibt es ein umfangreiches Workshop- und Begleitprogramm. Die Ausstellung läuft bis zum 30. März 2025. Der Besuch der Ausstellung wird ab einem Alter von 14 Jahren empfohlen.
Fotos: Brandenburg Museum