Dr. Frederik Hahn

Kandidat: Bündnis 90/Die Grünen

Alter: 33
Beruf: Physiker
Familienstand: Verheiratet, eine Tochter

Was waren die Beweggründe für Ihre Kandidatur?
Ich sehe mich als Problemlöser und habe mir zum Ziel gesetzt unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt zu verbessern. Seit fast zehn Jahren bin ich in der Forschung tätig und bin gerne Wissenschaftler. Aber beim Blick über den Tellerrand ist mir aufgefallen, dass die Identifikation zwischen Politik und Gesellschaft schwindet. Das hat mich nicht mehr losgelassen. So habe ich vor einigen Jahren begonnen, mich in der Kommunalpolitik zu engagieren. Im Kreistag und in der Gemeindevertretung habe ich unglaublich viel darüber gelernt, was unsere Gesellschaft am Laufen hält und natürlich auch, wo der Schuh drückt. Viele Themen, die mir besonders am Herzen liegen, sind aber landespolitischer Natur. Deshalb möchte ich in den Landtag und bewerbe mich um das Direktmandat für Teltow, Kleinmachnow, Stahnsdorf und Nuthetal. Als junger Familienvater kann ich frischen Wind und neue Perspektiven einbringen. Und vor allem möchte ich mich dafür einsetzen, dass wir alle wieder mehr Lust auf Demokratie bekommen!

Welche Politik halten Sie beim Thema Zuwanderung und Migration für richtig?
Migrationspolitik ist in erster Linie ein europapolitisches und bundespolitisches Thema. Wer zu uns kommen darf und wer nicht, wird nicht in Brandenburg entschieden, und das ist gut so. Die Freizügigkeit ohne Grenzkontrollen zwischen den Bundesländern und im Schengen-Raum mit unseren europäischen Nachbarn ist eine wichtige Errungenschaft für das Zusammenwachsen Europas. Vor allem wirtschaftlich sind wir heute auf Zuwanderung angewiesen. Gerade vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels und des demographischen Wandels ist dies von enormer Bedeutung. Nach Angaben der Industrie- und Handelskammer gibt es bundesweit gut 1,8 Millionen offene Stellen, und diese Zahl wird sich allein durch die Alterung unserer Gesellschaft in den nächsten zehn Jahren verdreifachen. Wir brauchen also Zuwanderung. Der Personalmangel hat übrigens längst auch die öffentlichen Verwaltungen erreicht: In unserer mittelmärkischen Kreisverwaltung ist inzwischen fast jede fünfte Stelle unbesetzt.

Mit welchem Konzept wollen Sie den ÖPNV auf dem Land verbessern?
Mein Konzept zur Verbesserung des ÖPNV basiert auf drei Kernelementen: Infrastrukturausb Taktoptimierung und einer Mobilitätsgarantie. Zusammen mit dem Deutschlandticket bleibt beste Mobilität dann auch in Brandenburg für alle bezahlbar. Erstens setze ich auf den gezielten Ausbau der Infrastruktur. Konkret bedeutet das für uns die Verlängerung der S-Bahn nach Stahnsdorf und die Reaktivierung der Stammbahn. Letztere würde bestehende Strecken wie den überlasteten RE1 entlasten und neue Verbindungen für Kleinmachnow schaffen. Zweitens will ich die Taktung erhöhen. Ein verlässlicher und häufiger Takt ist der Schlüssel für einen attraktiven ÖPNV. Dazu gehören auch Rufbusse auf kleineren Strecken und perspektivisch autonom fahrende Shuttle-Busse. Drittens möchte ich eine echte Mobilitätsgarantie für alle Menschen einführen, unabhängig davon, ob sie Auto oder Fahrrad fahren können oder wollen. Das ist entscheidend für Chancengleichheit und gesellschaftliche Teilhabe im ländlichen Raum.

2023 lag Brandenburg mit einem Wirtschaftswachstum von 2,1 Prozent deutlich über dem Bundesdurchschnitt von minus 0,3 Prozent. Mit welchen Maßnahmen wollen Sie das Wachstum stärken? Welche Schwerpunkte legen Sie bei der Verteilung?
Diesen positiven Trend möchte ich durch eine noch engere Verzahnung von Klimaschutz und Wirtschaft fortsetzen. Im Mittelpunkt steht für mich dabei die gezielte Förderung und Ansiedlung von Unternehmen im Bereich der erneuerbaren Energien und klimafreundlichen Technologien. Gerade in Schlüsselbranchen wie Windkraft, Energieeffizienz und Speichertechnologien sind Investitionen in Forschung und Entwicklung enorm wichtig. Die Umstellung bestehender Industrien auf nachhaltige Produktionsweisen ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Sie stärkt aber unsere Unabhängigkeit von Energieimporten und sichert langfristig Absatzmärkte. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Ausbildung und Qualifizierung von Fachkräften. Dazu müssen wir Ausbildungs- und Umschulungsmaßnahmen intensivieren. Bei der Verteilung der Mittel muss auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen städtischen und ländlichen Regionen geachtet werden. Vorrang haben verbindende Infrastrukturprojekte für erneuerbare Energien und nachhaltige Mobilität.


An Brandenburger Schulen (PM) ist eine Zunahme rassistischer und antisemitischer Vorfälle zu beobachten. Welche Maßnahmen planen Sie, um dieser Entwicklung in unserer Region entgegenzuwirken?
Schule ist ein Spiegel der Gesellschaft. Kein Kind wird mit rassistischen oder antisemitischen Vorurteilen geboren. Vorurteile werden im persönlichen Umfeld, durch religiösen Fundamentalismus und zunehmend auch durch unzureichend regulierte soziale Medien von einer Generation an die nächste weitergegeben. Fortbildungen zum Umgang mit Rassismus und Antisemitismus, mehr interkulturelle Bildung in den Lehrplänen und gezielte Präventionsprogramme können hier Abhilfe schaffen. Ich wünsche mir mehr Schüleraustausche, einen Fokus auf Medienkompetenz und klare Richtlinien zum Opferschutz. Die Einbeziehung der Eltern und die Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Organisationen sind dabei zentral. Ich trete dafür ein, dass alle Kinder mehrmals in ihrer Schullaufbahn die Möglichkeit erhalten, mit ihrer Klasse KZ-Gedenkstätten zu besuchen. Eine verordnete Erinnerungskultur ist aber kontraproduktiv. Besuche von KZ- (wie auch von Stasi-) Gedenkstätten dürfen nicht zu leeren Ritualen verkommen.

Welches sind für Sie derzeit die drei wichtigsten landespolitischen Themen? (Mit Bezug auf PM)
Erstens eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung und Klimaschutz: Wir müssen das positive Wirtschaftswachstum in Brandenburg weiter stärken, indem wir gezielt Unternehmen im Bereich erneuerbarer Energien und klimafreundlicher Technologien fördern. Zweitens Bildung und Integration: Angesichts der zunehmenden rassistischen und antisemitischen Vorfälle an Schulen müssen wir verstärkt in Bildung und Integration investieren. Das umfasst sowohl die Verbesserung der frühkindlichen Bildung durch gebührenfreie Kitas als auch Maßnahmen zur Förderung von interkultureller Kompetenz und Medienkompetenz an Schulen. Und drittens Mobilität und Infrastruktur: Die Verbesserung des ÖPNV, insbesondere im ländlichen Raum, ist entscheidend für die Lebensqualität und wirtschaftliche Entwicklung unserer Region. Konkret bedeutet das für PM die Verlängerung der S-Bahn nach Stahnsdorf, die Reaktivierung der Stammbahn und die Einführung einer Mobilitätsgarantie für alle Bürgerinnen und Bürger.


Welche bildungspolitischen Probleme wollen Sie wie lösen? (Gemeinschaftsschule, gebührenfreie Kita?)
Gebührenfreie Kitas sind ein wichtiges Element für gleiche Startchancen aller in unserem Bildungssystem und eine Entlastung für meine Generation, die aktuelle Elterngeneration, von der gleichzeitig erwartet wird, dass beide Elternteile arbeiten und Steuern zahlen und den Geburtenrückstand aufzuholen um unsere demographischen Probleme zumindest zu bremsen. Mit Beitragsfreiheit allein ist es aber nicht getan: Mir fehlt eine Wertschätzung insbesondere in der frühkindlichen Erziehung. Und damit meine ich explizit Gehälter und mehr Personal für unsere Krippen, Kitas und Horte. Für die weiterführenden Schulen will ich eine Verschiebung des Schulbeginns. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass sich der jugendliche Schlafrhythmus später in die Nacht verlagert. Trotzdem zwingen wir sie, früh aufzustehen. Dabei lernt unser Gehirn vor allem im Schlaf. Gute Bildungspolitik sollte daher dafür sorgen, dass Jugendliche ausgeschlafen und lernbereit sind. Das erreichen wir mit einem späteren Schulstart.


Was schlagen Sie gegen Wohnungsnot und steigende Mieten vor?
Um Wohnungsnot und steigenden Mieten entgegenzuwirken, verfolge ich einen mehrstufigen Ansatz. Zunächst ist es wichtig, den nachhaltigen Neubau weiter zu forcieren, da hier nach wie vor Nachholbedarf besteht. Aber auch in der effizienteren Nutzung des vorhandenen Wohnraums sehe ich große Potenziale. Zum Beispiel Förderprogramme für den Umbau von Bestandsimmobilien: Durch die Schaffung von Einliegerwohnungen können wir zusätzlichen Wohnraum aktivieren, ohne neue Flächen zu versiegeln. Parallel dazu setze ich auf Förderung des Wohnungstauschs, insbesondere zwischen den Generationen, ergänzt durch Konzepte wie „Wohnen für Hilfe“. So kann der vorhandene Wohnraum bedarfsgerechter verteilt werden. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass laut Statistischem Bundesamt die durchschnittliche Wohnfläche pro Person in Deutschland in den letzten 30 Jahren deutlich zugenommen hat – von etwa 35 Quadratmetern nach der Wende auf 47,5 Quadratmeter im Jahr 2023. Es gibt erhebliche Wohnraumreserven.

Immer mehr Menschen in Brandenburg (PM) werden pflegebedürftig. Wie wollen Sie mit dieser Herausforderung umgehen?
Ich sehe in der steigenden Zahl Pflegebedürftiger eine große gesellschaftliche Herausforderung. Wir müssen uns der demographischen Realität stellen: Bei einer Geburtenrate von nur 1,35 Kindern pro Frau und einer steigenden Lebenserwartung stehen wir vor einer enormen finanziellen und sozialen Aufgabe. Angesichts steigender Pflegekosten wird es unumgänglich sein, dass ein größerer Teil dieser Verantwortung wieder innerhalb unserer Familien übernommen wird. Hier sehe ich große Chancen in der Förderung von flexiblen Arbeitszeitmodellen und Teilzeit mit Lohnausgleich. Wir müssen es erwachsenen Kindern erleichtern, ihre älter werdenden Eltern zu pflegen, ohne ihren Beruf aufgeben zu müssen. Gleiches gilt für die Kindererziehung, damit die Geburtenrate endlich wieder steigt.
Das ist aber eine Aufgabe der Bundespolitik. Neben familiären Strukturen können innovative Wohnkonzepte wie „Wohnen für Hilfe“ den Mietmarkt entlasten und einen längeren Verbleib in den eigenen vier Wänden ermöglichen.


Gibt es in Brandenburg (PM) zu viel Bürokratie? Wenn ja, was würden Sie daran ändern?
Ein „Zuviel“ an Bürokratie ist oft auf eine unzureichende Digitalisierung zurückzuführen. Vor allem in unserer Verwaltung. Wenn ich von Digitalisierung spreche, meine ich nicht die halbherzigen Lösungen, bei denen man ein PDF herunterladen und ausdrucken muss. Ich meine nicht die Art von „Digitalisierung“, bei der ich einen Elterngeldantrag zwar online ausfüllen kann, ihn dann aber mit einem Berg von 94 Seiten Papier per Post verschicken muss – was den Sinn der Digitalisierung ad absurdum führt, wenn die Unterlagen in der Behörde wieder manuell erfasst werden. Was wir stattdessen in PM, in Brandenburg und auch auf Bundesebene brauchen, sind einheitliche, quelloffene Standards für Datenverarbeitung. Standards, die unseren Alltag erleichtern, die Effizienz unserer Verwaltung steigern und die Zugänglichkeit für uns alle verbessern. Ich stehe für eine Digitalisierung, die diesen Namen verdient – eine Digitalisierung, die bürokratische Hürden nicht nur sichtbar macht, sondern aktiv abbaut.

Foto: Dipl.-Ing. Markus Pichlmaier