Dornröschen-Moment – Der Kleinmachnower Seeberg und seine Geheimnisse
Von 1936 bis 1989 war das Gelände auf dem Seeberg in Kleinmachnow umzäunt und bewacht. Unzählige Mythen und Legenden ranken sich seitdem um diesen Ort. Der Heimat- und Kulturverein Kleinmachnow e. V. zeigt ab dem 29. Januar um 17 Uhr im Café Lisa eine außergewöhnliche Fotoausstellung zur Geschichte der Anlagen auf dem Seeberg.
In der dritten Corona-Woche 2021 erhielt Dr. Rudi Mach einen unerwarteten Anruf. Er hatte sich mit seinen Führungen durch die leerstehende Hakeburg öffentlich einen Namen als Ansprechpartner für die Kleinmachnower Geschichte gemacht. Herr Dolata, der damalige Geschäftsführer der Berlin Brandenburg International School, eröffnete ihm, dass man – fast wie in einem Märchen – nach über 30 Jahren zum ersten Mal zwei Räume im Heizhaus, von denen keiner mehr wusste, wieder aufgeschlossen habe. Zur Überraschung aller entpuppten sie sich als die ehemalige Dekorationswerkstatt der Parteischulen mit Materiallager. In ordentlich beschrifteten Regalen lagerten Wandzeitungen, Schautafeln, Wegweiser, Transparente, großformatige Politikerportraits und kis- tenweise ORWO-Tonbänder mit Unterrichtsmitschnitten.
Dr. Mach hatte für diesen „historischen“ Moment Thomas Singer eingeladen. Auf dessen Initiative hatten sie drei Jahre zuvor in Dresden den damals 99-jährigen Professor Heinz Kurze interviewen können. Er war in den 50er Jahren mit nicht einmal 30 Jahren bis zu seiner Vertreibung Prorektor der Parteihochschule gewesen. Aber weiter kam man in der Geschichte der Parteihochschule auf dem Seeberg nicht. Es stellte sich heraus, dass niemand wirklich inhaltlich an dem Thema gearbeitet hatte. Mit dem Fund gab es einen neuen Ansatzpunkt. Sie luden Dr. Hans-Joachim Koch als promovierten Historiker zur Mitarbeit ein. Zudem stellte sich heraus, dass er bis 1990 stellvertretender Direktor der Bezirksparteischule in Potsdam gewesen war und dort „das Licht ausgemacht“ hatte. Vor allem war mit ihm ein interner Kenner des Parteischulsystems der SED gefunden. Durch ihn konnten noch mehr als ein halbes Dutzend Zeitzeugen – inzwischen alle weit über 80 Jahre alt – ausfindig gemacht werden. Ihre Erinnerungen sind inzwischen in vielen Stunden Videomaterial festgehalten. Insgesamt gelangten so – dank Herrn Dolatas Spürsinn für historische Werte – über 1.300 Exponate und über 600 Tonbänder nicht auf die Deponie, sondern in die Obhut des Heimat- und Kulturvereins Kleinmachnow e. V. Sie alle gingen von da an buchstäblich durch die Hände von Steffen Nagel, denn sie mussten inzwischen mehrfach umgelagert, sortiert, dokumentiert und katalogisiert werden. Eine Publikation von Dr. Koch zu diesem Thema ist in Vorbereitung.
Die zeitweilige „Arbeitsgruppe Parteihochschule“ des HKV e. V. hat jetzt eine kleine Fotoausstellung zur Geschichte dieser Einrichtung auf dem Seeberg vorbereitet. Die Ausstellungseröffnung findet am 29. Januar im Cafe LISA am August-Bebel-Platz statt. Sie fasst in Wort und Bild sowie mit Ausschnitten aus den Videos den inzwischen erreichten Kenntnisstand kurz zusammen. Damit wird eine Lücke in der Geschichte Kleinmachnows geschlossen, denn schließlich war das Gelände auf dem Seeberg von 1936 bis 1989 eingezäunt und bewacht. So gab es immer wieder Vermutungen und Gerüchte, was sich hinter dem Zaun abspielte. Die können nun mit Fakten zerstreut werden. Alle Interessierten sind eingeladen, zuzuhören, sich auszutauschen oder mit ihren Erinnerungen zur Erweiterung des Geschichtsbildes beizutragen.
Text: Thomas Singer
Fotos: Heimatverein Kleinmachnow