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Ruhlsdorf feiert die bekannte Delikatesse zum 25. Mal

Am 29. September feierte Teltow im Ortsteil Ruhlsdorf entlang der Güterfelder Straße wie jedes Jahr den Beginn der Erntesaison des berühmten Rübchens. Das Fest wurde um 12:00 von der Fördervereinsvorsitzenden Tina Reich und dem Prinzenpaar Paula und Anton eröffnet. Veranstalter Bernd Blankenburg moderierte die Feier.

In ihren Begrüßungsworten freute sich Tina Reich über das herrliche Herbstwetter und bedankte sich bei allen Unterstützern und Förderern, die dieses Ereignis möglich machten. Damit richtete sie sich auch an Bürgermeister Thomas Schmidt, denn auch die Stadt Teltow hat ihren Beitrag dazu geleistet. Dieser wiederum freute sich, dass Traditionen aufrechterhalten werden. Dafür brauche es Menschen, die dahinterstehen. „Aber“, so betonte er, „es gibt kein Rübchenfest ohne unser Prinzenpaar.“ Damit gab er das Wort an Paula und Anton weiter, die in verteilten Rollen das Rübchengedicht vorlasen:

Jetzt ist es wieder soweit, es beginnt die schöne Rübchenzeit……“

Und das war nicht nur in der Theorie so. Entlang der Güterfelder Straße konnte man sich an zahlreichen Ständen davon überzeugen: Wir begannen beim Bäcker Neuendorff mit einem Stück Rübchentorte, bestehend aus Haselnusscreme, geraspelten Möhren, Marzipan und natürlich Rübchen. Eine ganz neue Erfahrung! Ansonsten bietet der Bäcker im „Drei Käsehoch“ und weiteren Filialen mehr als 45 verschiedene sehr leckere Käsetorten an.

Weiter ging es zum Stand des Metzgers Kaplick aus Alt-Bork zur Rübchenbratwurst (10 Prozent Rübchenanteil) mit Rübchensenf. Das erforderte viel Geduld, denn die Schlange war Mega-lang – und das zurecht, die Wurst war super.

Natürlich durfte die traditionelle Rübchensuppe nicht fehlen. Dazu begaben wir uns zum Gemüse- und Rübchenbauern Axel Szilleweit. Während wir aßen, erzählte er, dass die Qualität der Rübchen in diesem Jahr phantastisch sei. Die Trockenheit im August sei sehr gut gewesen, denn je trockener, desto besser der Geschmack. Jetzt hoffe man auf einen goldenen Oktober, denn noch nicht alle Früchte seien erntereif. Die Suppe und natürlich die Rübchen in natura gab es auch beim zweiten Teltower Rübchenbauern Ronny Schärecke am Nachbarstand zu kaufen. Bei diesem hatte zwei Tage zuvor der traditionelle Rübchenanstich stattgefunden. Insgesamt bewirtschaften die Beiden 4,5 Hektar und erwarten eine Erntemenge von zirka vier Tonnen.

Nach so viel Süßem und Salzigem stellt sich Durst ein. Dagegen half die MWA (Mittelmärkische Wasser- und Abwasser GmbH), an deren Stand man kostenlos Wasser bekam. Die MWA ist auch unter anderen Förderer des Festes.

Jens Grabow bot an seinem Stand Rübchengeist, Likör, Ketchup, Senf und Marmelade aus Rübchen an, sein Hobby, wie er sagt. Ansonsten leben er und seine Frau von einer Druckerei. Die Produkte können aber im Hofladen erworben werden.

Natürlich gab es auch noch andere kulinarische regionale Köstlichkeiten wie Känguru, Wildburger, Fasan mit Brot, Fischbrötchen oder Crepes – so war wirklich für jeden etwas dabei.

Vielfältiges Unterhaltungsprogramm

Die Band „DIE OSSIS“ sorgte für musikalische Unterhaltung und bot einen Querschnitt durch die letzten 20 Jahre DDR-Rockmusikgeschichte. Des Weiteren waren die Tänzerinnen des Teltower Carneval Clubs, eine Showtanzgruppe der Tanzschule Kurrat und die Cheerleader von Grün-Weiß Großbeeren mit dabei. Und natürlich darf die Blasmusik bei einem Volksfest nicht fehlen.

Für die Kinder blies der Riese „Tom Balloni“ lustige Figuren aus Luftballons. Viel Spaß hatten sie auch auf der Hüpfsburg „Tom der Tiger“.

Voller Erfolg

Mit geschätzten mehreren 100 bis 1.000 Besuchern und bester Stimmung hätte es nicht besser laufen können! Auch wenn das ganze mit einem Riesenschreck am frühen Morgen begonnen hatte: Die frisch gemähte Festwiese war in der Nacht von Wildschweinen durchpflügt worden. Retter in der Not war Rübchenbauer Ronny Schärecke, der neben Ernte, Suppe kochen und Standaufbau alles wieder glatt planierte.

Und wen es interessiert, noch ein bisschen mehr über die Rübe

Wann und wie kamen die Rübchen nach Teltow? Mündlichen Überlieferungen zufolge brachten Bauern, die im 13. Jahrhundert von den Askanierfürsten in die Teltower Gegend geholt wurden, ihr Saatgut mit. Wahrscheinlich gehörten dazu auch Rübensamen. Ein kleiner Beutel genügte schon, um ein ganzes Feld zu bestellen. Anderen Quellen zufolge wurde die Rübe im Jahre 1770 durch Friedrich den Großen in Brandenburg und Pommern eingeführt, um sandige Böden für die Viehhaltung nutzbar zu machen.

Anbau und Ernte

Obwohl der Boden in der Mark Brandenburg extrem mager war, gedieh das Rübchen dort besonders gut. Besonders vorteilhaft war auch, dass das Rübchen nach der Getreideernte als Nachfrucht eingesät werden konnte. Die Rübchen sind, wie der Name assoziiert, recht klein und ähneln durch viele Nebenwurzeln oft kleinen Gnomen. Geschmacklich sind sie leicht scharf, etwas süßer als andere Rüben und rettichartig.

Früher galt das Mini-Rübchen als Arme-Leute-Essen. Es wurde ausgesät, um im Herbst und Winter nach dem Getreide noch eine zweite Ernte einfahren zu können. Im Laufe der Jahre verschwand das Gemüse von unseren Äckern. Das hatte auch damit zu tun, dass die Ernte sehr arbeitsintensiv war. Die Rübchen sind sehr verwurzelt und krallen sich regelrecht in die Erde, was zur Folge hat, dass sie mühsam ausgegraben werden müssen.

Ein weiterer Grund für den Niedergang war die Ansiedlung von Industrie in Teltow. Das absorbierte Arbeitskräfte und Flächen. Nach dem 2. Weltkrieg änderte sich die Situation noch einmal grundlegend: Die Kollektivierung der Landwirtschaft, verordnet durch die DDR-Regierung, setzte auf Planerfüllung. Dazu war der Rübchenanbau, dessen Ernte viel Handarbeit erforderte, aber zu arbeitsintensiv. Aber glücklicherweise retteten einige Hobbygärtner für den Eigenbedarf das Gemüse.

Dank dem Trend zu regionalen Lebensmitteln erobert sich die Märkische Rübe inzwischen als Trendgemüse Stück für Stück einen Platz auf unseren Speisekarten zurück.  Auf der Grünen Woche 1999 wurden die Rübchen erstmals wieder präsentiert.

Das ist auch ein Verdienst des Fördervereins für das Teltower Rübchen, der sich 1998 gründete und sich für die Wahrung des Warenzeichens und die Wiederausbreitung der Speiserübe einsetzt. Auch organisiert er das jährliche Rübchenfest.

Auch Goethe und Napoleon liebten das Rübchen

Schon Goethe soll die Gemüse-Delikatesse für ihren feinen Geschmack geschätzt haben. Das belegt unter anderem ein Brief vom 28. September 1807 an seinen Freund, den Komponisten Friedrich Zelter: „…sodann würden Sie mich sehr verbinden, wenn Sie mir einen Scheffel echte Teltower Rübchen schicken könnten, aber freilich, ehe die Kälte einsetzt.“ Das scheint er jährlich erbeten zu haben, denn 10 Jahre später schreib er an Zelter: „….über alles dieses darf ich nicht vergessen, dass zu unserer Danknehmigkeit die köstlichen Rübchen angelangt sind; sie behaupten auch diesmal ihre alten Tugenden.“ (Quelle: Günter Duwe, Das Teltower Rübchen, 3. Aufl., 2016)

Auch Napoleon soll ein Fan der „Navets de Teltow“ (Kohlrüben aus Teltow) gewesen sein. Der Überlieferung nach brachten seine Truppen sie ihm im 19. Jahrhundert an den französischen Hof.

Der Föderverein

Weitere Mitstreiter werden gesucht. Wer sich für die Arbeit interessiert oder Mitglied werden möchte, kann sich unter dieser Adresse informieren:

Förderverein für das Teltower Rübchen e.V.
Schillerstraße 53
14513 Teltow
Tel.: 03328/337307  |  Fax: 03328/352651
E-Mail: info@teltowerruebchen.de

Fotos: Elisabeth Kaufmann