Brandenburg fehlt Niederschlag eines ganzen Jahres
Seit 2018 fehlt Brandenburg der Niederschlag eines ganzen Jahres. Erste Gemeinden reagieren mit der Rationierung von Wasser, doch langfristige Konzepte werden immer dringender.
In der kommenden Woche droht Brandenburg und Berlin die nächste Hitzewelle bevor. Initiativen wie Wasser bewegt Berlin rufen verstärkt zum Wassersparen auf und fordern langfristige Konzepte für die Wasserhaushalte in der Region. Laut Wasser bewegt Berlin fehlt in der Region seit 2018 der Niederschlag eines gesamten Jahres. Gemeinsam mit dem Zukunftsforum Berlin-Brandenburg engagiert sich die Initiative für eine engere Kooperation beider Bundesländer beim Thema Wasser, bedingt durch die Insellage Berlins in Brandenburg und seine Verflechtung mit dem Brandenburger Gewässernetz.
Normalerweise fallen in der Region 550 bis 600 Millimeter Niederschlag pro Jahr und Messpunkt (bzw. 550 bis 600 Liter Jahresniederschlag pro Quadratmeter). Davon verdunstet jedoch ein Teil; hinzu kommen versiegelte Flächen, von denen Regenwasser oft in die Straßenkanalisation abfließt sowie die geringe Speicherkapazität des märkischen Sandbodens. Seit 2018 sind indessen bei hohen Temperaturen 500 Milliliter Regen zu wenig gefallen. Verteilungsprobleme sind vorprogrammiert.
Ungewohnte Trockenheit in der Mark
Der Dürremonitor des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung weist für große Teile Brandenburgs eine schwere Dürre aus, sowohl im Ober- als auch im Gesamtboden. Parallel stieg der Wasserverbrauch an: 2019 verbrauchten Brandenburger durchschnittlich 120,1 Liter Wasser pro Tag und Person und überholten damit die Berliner mit ihrem Wasserkonsum von 119,5 Litern.
Einige Städte, Kommunen und Landkreise rationieren bereits wie in den Vorjahren das Wasser durch Entnahmeverbote aus Bächen oder Seen, wie etwa Potsdam oder der Kreis Havelland. In der Gemeinde Pankethal (Landkreis Barnim) ist in Spitzenzeiten (17:00 bis 21:00 Uhr) das Gartensprengen oder das Auffüllen von Pools untersagt.
Die Rationierungen stehen jedoch nicht im direkten Zusammenhang mit der Dürre, sondern entstehen durch Engpässe bei der Verteilung durch das lokale Wasserleitungsnetz. Sprengen viele Menschen bei außergewöhnlicher Hitze fast zeitgleich ihren Garten und werden bei sonnigem Wetter viele Pools befüllt, gerät das Netz an die Grenzen seiner Kapazität. Die fehlenden Niederschläge wirken sich dagegen erst in einem Zeithorizont von mehreren Jahren auf den regionalen Grundwasserspiegel aus. „Bei uns in Ludwigsfelde steigt das Grundwasserlevel sogar leicht, doch wir müssen uns als Stadt besonders mit den spürbaren Folgen des Klimawandels befassen“, berichtet beispielsweise Ludwigsfeldes Bürgermeister Andreas Igel (SPD). Dazu gehörten unter anderem die Anpflanzung klimaresistenter Straßenbäume, die den Wassermangel besser verkraften könnten als klassische Arten – etwa resistente Lindenarten oder Esskastanien.
Sorgt Tesla für Wassermangel?
Die im März bei Grünheide eröffnete „Giga-Factory“ des US-Autobauers Tesla befindet sich im Einzugs- und Versorgungsgebiet des Wasserverbands Strausberg-Erkner. Bürgermeister in der Region warnen jedoch davor, das Unternehmen für die Situation verantwortlich zu machen, etwa Marco Rutter aus Petershagen/Eggersdorf. Fragen des Wassermangels seien genauso dringend zu diskutieren wie ohne das Tesla-Werk; die Trockenheit in der Region sei auch ohne die Fabrik gravierend. Allerdings sei Mut für unbequeme Entscheidungen und ein belastbares Wassermanagement durch die Kommunen erforderlich. Vor dem Neubau von Wohn- und Industriegebieten müsse geprüft werden, ob überhaupt genug Wasser vorhanden sei.
Schaffung von Wald-Mischkulturen
Wer durch die märkischen Wälder fährt, stellt seit einigen Jahren fest, dass die vertrauten Kiefernwälder bereits vereinzelt durch Laubbäume ergänzt werden. Der Umbau der zu Trockenzeit neigenden Monokulturen zum Mischwald ist eine Generationenaufgabe. Um die Speicherkapazität der hiesigen Wälder zu erhöhen, muss dieser Umbau massiv vorangetrieben werden. Kiefern kommen bestens mit Trockenheit zurecht, verdunsten jedoch weitaus mehr Wasser als ein schattiger Laub- oder Mischwald.
Wasser aus Fernleitungen?
Einen Teil ihres Wassers bezieht die Hauptstadtregion aus Spree und Havel. Insbesondere die Spree bereitet Kopfzerbrechen: Durch die Flutung früherer Tagebaulöcher verbleibt ein Teil des Spreewassers in der Lausitz. Damit ist durch die Verdunstung an der Oberfläche der neuen Gewässer, die sich allesamt in einer niederschlagsarmen Region befinden, auch langfristig zu rechnen. Zudem würden die Seen ohne die Zufuhr von Trinkwasser versauern: Das ebenfalls in die früheren Gruben einsickernde Grundwasser kommt in Kontakt mit Pyrit, was für einen niedrigen pH-Wert der neuen Gewässer sorgt.
Weiter nördlich bereitet der Wasserbedarf des Spreewalds Sorgen. Dieser könnte mit steigenden Temperaturen ebenfalls wachsen. Am Ende passieren normalerweise pro Sekunde 8 Kubikmeter Spreewasser die Stadtgrenze nach Berlin – aktuell sind es laut Wasserportal des Landes Berlin nur etwas über 3 Kubikmeter.
Damit rückt der Bau von Fernleitungen zur Wasserversorgung ins Blickfeld. So versorgt der Bodensee über solche Leitungen bereits das 80 Kilometer entfernte Stuttgart. Allerdings sind auch andere Gewässer von Niedrigwasser betroffen, beispielsweise die Elbe. Zusätzliches Abzapfen der ebenfalls durch Berlin und Brandenburg fließenden Havel wäre dagegen ein „Eigentor“ im regionalen Wasserhaushalt. Die Nutzung der Oder könnte durch ihre Funktion als Grenzfluss nur in Abstimmung mit Polen funktionieren. ph
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