Berlin

Hartmut Mehdorn: Ein polarisierender Wirtschaftskapitän

Fragt man den sogenannten Mann oder die Frau auf der Straße welcher große Wirtschaftskapitän ihnen bekannt ist, wird sehr oft geantwortet: „Der Mehdorn.“ Dirk Steffel, Mitglied der BVV-Reinickendorf und Vorsitzender der CDU Tegel, konnte Hartmut Mehdorn als Referenten zum 55. Tegeler Gespräch, das am 22. Januar 2018 stattgefunden hatte, gewinnen. Dirk Steffel betonte: „Herr Mehdorn gilt als ein Wirtschaftsmanager, der polarisiert. Herr Mehdorn gilt auch als sehr guter und enger Freund von Bundeskanzler a. D. Gerhard Schröder. Das ist ja alles keineswegs ein Makel. Warum soll hier bei der CDU in Tegel nicht ein Referent auftreten, der mit dem ehemaligen SPD-Bundesvorsitzenden und Bundeskanzler Gerhard Schröder eng befreundet ist?“

In seinen Ausführungen sprach Hartmut Mehdorn zuerst sein Alter charmant an. „Man ist jetzt zwar schon älter als Mitte 70. Das ist aber für mich kein Grund, sich in den vollen Ruhestand zu begeben. Ohne etwas zu tun, das geht bei mir gar nicht.“ In seinen Betrachtungen erinnerte er an den ehemaligen Bundeswirtschaftsminister und Bundeskanzler Ludwig Erhard. „Wir haben doch dem Vater des Wirtschaftswunders sehr viel zu verdanken. Er hat den Grundstein für den Wohlstand gelegt. Ich gehe gar nicht auf die Frage ein, wie die CDU heute zu Ludwig Erhard steht.“ Der Wirtschaftskapitän wies auch darauf hin: „Politik kann niemals Arbeitsplätze schaffen! Man kann für Produktion sorgen und Export. Das schafft und sichert Arbeitsplätze. Der Staat muss Regeln schaffen und langfristig sichern.“ Es sind „die Unternehmen, die Sicherheit benötigen. Eine Investition amortisiert sich erst nach 5 bis 7 Jahren.“

Der Staat wird immer gebraucht von Bürgern und Unternehmen, er darf aber nur für die Rahmenbedingungen zuständig sein. Als löbliches Beispiel nannte der Luftfahrtexperte die Airbus-Industrie. „Seit der Unternehmensgründung hat sich der Staat herausgehalten aus dem Unternehmen. Heute baut das Unternehmen monatlich 45 Flugzeuge. Schon bald wird man den großen Konkurrenten Boeing aus den USA überholen.“ Er sprach auch die erfolgreichen Privatisierungen bei Telekom, Lufthansa und bei der Post und da besonders den Paketdienst DHL an. „Fragen Sie mal die Betriebsräte dieser Unternehmen, ob die wieder zurück wollen zum Staatsunternehmen. Die werden Ihnen antworten: Niemals.“ Bei der Bahn wollte man einst eine Privatisierung, dann kam eine Kehrtwende. Natürlich muss der Eigentümer, also der Staat, auch sich für eine Privatisierung begeistern können. Ansonsten sei das ganze Vorhaben von vornherein zum Scheitern verurteilt.

Helmut Mehdorn

Für Mehdorn absehbar: Air Berlin wird eines Tages vom Himmel verschwinden

„Dazu möchte ich nur zwei Beispiele anführen. Die Easyjet und die ryanair zahlen kaum Steuern oder gar keine in ihren Heimatländern. In Deutschland müssen Sie ab einer gewissen Firmengröße Schwerbehinderte einstellen. Ich kritisiere das keineswegs und heiße das ausdrücklich gut. Aber glauben Sie ernsthaft, dass es bei englischen und irischen Airlines Schwerbehinderte im Personalbestand gibt? Man darf doch nicht so den fairen Wettbewerb verzerren“, so Mehdorn. Hart ging er mit dem BER und „der endlosen Geschichte“ um: „Ich kann gut Autofahren, aber kein Auto bauen. Man muss das den Fachleuten überlassen, nicht der Politik. Wenn ich Brötchen kaufen möchte gehe ich zum Bäcker und meine Schuhabsätze besohlt der Schuster. Als die Politik beschloss, den BER als Bauherr in Eigenregie zu bauen und die Verantwortung den Fachleuten entzog, kamen die großen Probleme auf.“ Auch die vielen Änderungswünsche trugen ihren Teil dazu bei, dass man immer noch nicht den BER fertiggestellt hat.

Mehdorn weiter: „Wenn Sie bei den Baubehörden die Baupläne für ein Einfamilienhaus einreichen und der Architekt und die Maurer setzen sich ans Werk und Ihnen fällt später ein, Sie wollen doch lieber ein Dreifamilienhaus bauen, dann haben Sie ganz große Probleme. Wenn man dazu, so wie beim BER geschehen, in der Bauphase den Architekten von seinem Auftrag entbindet ohne eine Alternative vorrätig zu haben, kommen Sie in ganz große Schwierigkeiten.“ So kann man es auch beim BER sehen, Probleme überall tun sich auf. „Die Berliner Flughafengesellschaft macht ja einen sehr guten Job. Sie hat aber noch nie einen Flughafen gebaut. Sie kann einen Flughafen managen, vom deutschen Baurecht hat sie keine Ahnung. Dass deutsche Ingenieure und Architekten Flughäfen bauen können und im Zeitplan bleiben belegen doch Flughafenbauten in der ganzen Welt. Sehr oft sind deutsch Firmen an dem Flughafenneubau beteiligt“, erklärt Hartmut Mehdorn. Eines ist für den streitbaren Diplom-Maschinenbauingenieur auch klar: „Egal, wie man zum Flughafen Tegel steht, eines sage ich voraus, ohne Prophet zu sein: Die Kapazitäten des irgendwann mal eröffnenden BER und von Tegel werden zusammengerechnet nicht ausreichen, dass stetig steigende Passieraufkommen zu bewältigen.“ Darum muss sich die Politik kümmern, so seine Ausführung.

Spott und Häme über das Flughafenprojekt gehen auch an dem Topmanager Mehdorn nicht spurlos vorbei:  „Bitte glauben Sie mir, es tut mir in der Seele weh, wenn ich erlebe, mit welcher Häme allen Orten über die unendliche Geschichte BER gelästert wird. Ich plädiere dafür, im Aufsichtsrat von BER sitzen keine Politiker, sondern Fachleute.“ Dirk Steffel drückte sein Fazit so aus: „Es stimmt schon, Herr Mehdorn und ist ein streitbarer Geist, dem man stundenlang zuhören kann und der keiner noch so kritischen Frage aus dem Weg geht. Wir sind dankbar, das er heute hier unser Gast war.“

Stationen des Hartmut Mehdorn

Der 1942 geborene deutsche Industriemanager Hartmut Mehdorn hat einen akademischen Abschluss als Diplom-Maschinenbauingenieur.

Der Topmanager gehörte dem Vorstand der DASA und der Heidelberger Druckmaschinen AG an.

Von 1999 bis 2009 war Hartmut Mehdorn Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bahn AG.

Das Luftfahrtunternehmen Air Berlin leitete er von 2011 bis Januar 2013.

Von März 2013 bis März 2015 war der Dipl.-Ing. Vorsitzender der Geschäftsführung der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH.

Seit 1982 darf Hartmut Mehdorn das Bundesverdienstkreuz tragen und hat zudem zwei Ehrendoktorwürden inne und ist Ehrensenator der Universität Heidelberg.

Text/Foto: VTN