Dem typische Deutschen geht’s gut. Oder? Kabarettist Tom Ehrlich in Steglitz
Seit 2011 ist der Berliner Tom Ehrlich hauptberuflich als Kabarettist tätig. Der studierte Diplomingenieur trat am vergangenen Samstag im „Zimmertheater“ in Berlin-Steglitz mit seinem zweiten Soloprogramm „Uns geht´s doch gut, oder?“ auf.
Tom Ehrlich liefert während seines Bühnenprogramms gleich die Antwort mit. „Natürlich geht´s den Deutschen gut, aber halt nicht allen.“ Es sind ja auch sehr außergewöhnliche Zeiten. Als NSA-Agent erklärt der Kabarettist uns, wie wir uns zu verhalten haben. Dann kann uns auch „der Siggi von der AfD“ mitteilen, wie gut es ihm jetzt plötzlich geht.
Siggi kam völlig überraschend zu der Ehre, Abgeordneter zu werden. Sogar mit Wahlkreisbüro und Mitarbeitern ist der Siggi jetzt ausgestattet. Tom Ehrlich hat auch „die Auftritte der PEGIDA beobachtet.“ Für ihn ist „PEGIDA eine Abkürzung für Pest, Gicht, Darmverschluss.“
Eine berechtigte Frage ist ja auch, wer ist „eigentlich der typische Deutsche?“ Darauf muss der ansonsten so textsichere Künstler einen Zettel aus seinem Jackett ziehen. „Man will ja nichts falsches mitteilen, von wegen Fake News und so.“
Was dann Tom Ehrlich vorliest, ist keine Satire, sondern die deutsche Wirklichkeit! „Die deutsche Nationalmannschaft in der Disziplin 'Rhythmische Sportgymnastik' bei den Europaspielen in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku 2015 bestand aus den Sportlerinnen Anastasia Khmelnytska, Rana Tokmak, Darja Saifutdinova, Sina Kaltschewitsch und Daniela Potapova.“ Völlig verständlich, dass man die Namen lieber abliest, als Gefahr zu laufen, sich irgendwo und irgendwie zu versprechen.
Man muss ehrlich über Tom Ehrlich sagen: Er macht Kabarett vom feinsten. Er buchstabiert das Kabarett noch richtig aus. Und wer Comedy erwartet, ist bei ihm an der falschen Adresse. Der Kabarettist zieht ja sehr oft Parteien und Politiker durch den sprichwörtlichen Kakao. Vielleicht fühlt sich da jemand auf den Schlips getreten?
Diese Frage beantwortete uns im Zimmertheater in Berlin-Steglitz ein Betroffener. Der FDP-Parlamentarier Thomas Seerig aus dem Bezirk Steglitz-Zehlendorf gehört dem Berliner Abgeordnetenhaus an. Der Parlamentarier teilte mit: „Zuerst einmal muss ich gestehen, es hat mir sehr gut gefallen. Natürlich bekommen im Kabarett, zumal im politischen Kabarett, wir Politiker von den Kabarettisten mehr oder weniger schmerzvoll etwas auf unsere Mützen gehauen. Damit müssen und können wir demokratischen Politiker sehr gut leben. Kunst braucht Freiheit, um Kunst zu sein. Da hat sich die Politik rauszuhalten, denn es ist, wie schon Tucholsky sagte: "Was darf Satire? Alles!" Gerade die „Mächtigen“ brauchen jemanden, der sie hinterfragt und ihnen einen Spiegel vorhält, der natürlich auch übertreiben darf. Daher findet man in einer freien Gesellschaft die besten Kabarettisten auch im Theater und nicht im Gefängnis.“
Im Pressegespräch teilte Tom Ehrlich mit: „Natürlich hat man als Kabarettist auch Vorbilder. Bei mir sind es Georg Schramm und Volker Pispers.“ Da hat sich der Berliner Künstler sehr gute Vorbilder genommen und eines schönen Tages werden junge Kabarettisten mitteilen: „Tom Ehrlich ist mein Vorbild.“
Intendant Günter Rüdiger drückte es so aus: „Es ist für uns immer eine Ehre, wenn Tom Ehrlich bei uns im Zimmertheater auftritt- Er gehört zu den Kabarettisten, die sehr gut austeilen können in alle Richtungen. Er ist dabei aber niemals beleidigend oder trivial. Diese große Kunst im Kabarett beherrschen nur sehr wenige. Daher freuen wir uns, ihn hier am 30. Dezember zum Saison-Abschied und am 26. Januar 2018 zu unserer Geburtstagsshow wieder begrüßen zu können.“
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Text/Foto: VTN, Artikelbild: Microphone (adapted) (Image by Alex Indigo [CC BY 2.0], via Flickr)