Saskia Ludwig: Rettung der Konzerne nicht auf Kosten des Mittelstandes
Saskia Ludwig ist Vorsitzende des CDU-Kreisverbandes in Potsdam-Mittelmark, Landtagsabgeordnete für Brandenburg und seit 2019 im Petitionsausschuss und im Ausschuss für Angelegenheiten der Europäischen Union des Deutschen Bundestages. In einem Newsletter hat sie zusammen gefasst, was sie zum Rettungspakt für Firmen durch die Coronakrise denkt:
„Wer hätte vor vier Wochen gedacht, dass unser Land heute so aussieht, wie wir es vorfinden? Quasi über Nacht hat Deutschland sein Antlitz verändert. Der Grund für diese dramatischen Veränderungen heißt „Covid-19“, besser bekannt als das Corona -Virus.
Und in der Tat hat dieses Virus bereits weltweit massiv um sich gegriffen. In Deutschland sind Vorkehrungen getroffen worden, mit dem Ziel, die Verbreitung des Virus einzudämmen und zu stoppen. Sämtliche Maßnahmen sind drastisch und greifen in den bisher von gelebter Freiheit geprägten Alltag der Deutschen folgenschwer ein: der Deutschland- Zug hat auf freier Strecke nach einer Vollbremsung gehalten.
Es ist die Kernaufgabe des Staates, das Leben seiner Bürger vor inneren und äußeren Feinden zu schützen, auch vor Seuchen und Pandemien. Insofern unterstütze ich die getroffenen Entscheidungen, sofern die Ausgangsbeschränkungen, Geschäftsschließungen, Homeschooling etc nicht ohne Perspektive bleiben, also zeitlich befristet sind.
Richtig ist auch, dass die Politik in dieser Krise zusammen stehen muss, handelt und Entscheidungen trifft, Entscheidungen, die vor kurzem undenkbar waren.
Wir haben gestern im Bundestag für ein umfangreiches Rettungspaket für den Klein- und Mittelstand und unsere heimischen Unternehmen und für den Schutz der Menschen in der Coronakrise gestimmt. Mit dem beschlossenen Nachtragshaushalt im Volumen von 156 Milliarden Euro ist klar, dass dieses Geld keine Bürgschaften sind, sondern auch kurzfristig ausgezahlt wird.
So weit, so gut, so richtig, denn im Krisenmodus sollte die Lösung im Vordergrund stehen, Kritik nicht.
Ich habe dem gesamten Rettungspaket mit Bauschmerzen zugestimmt. Die Unterstützungsmaßnahmen für den Klein- und Mittelstand und unsere heimischen Unternehmen sind richtig und wichtig.
Trotzdem hat der Staat jedoch Grenzen und wir müssen so schnell wie möglich wieder zu den „bewährten Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft zurückkehren.“ Das bedeutet dann auch wieder, dass zum Beispiel schlecht wirtschaftende Unternehmen nicht mehr von der Politik gerettet werden.
Gleichzeitig sollten wir jetzt diskutieren welche Schlüsse wir für Politik und Gesellschaft für die Zeit nach Corona ziehen. Warum nutzen wir diese Krise nicht als Chance, die Deutschland AG einem Generalcheck zu unterziehen und es wirklich fit zu machen für die Zukunft.
Wir müssen dringend die wichtigen Fragen unserer Zeit definieren und Lösungen aufzeigen, damit auch unsere Kinder weiter in Freiheit und Wohlstand leben können. Eine Vielzahl an Fragen können nur global gelöst werden, trotzdem müssen wir in Deutschland die Zeit nutzen und eine Diskussion beginnen:
Was sind die Kernaufgabe des Staates und wofür zahlen wir eigentlich Steuern, und wofür sollen und müssen diese ausgegeben werden? Werden diese Steuermittel auch wirklich zielgenau eingesetzt?
Wie steht es um unseren Mittelstand, der ja das viel beschworene Rückgrat unserer Wirtschaft, ja unseres Systems ist? Kann unsere Wirtschaft, kann dieser Mittelstand mit der jetzt vorhandenen Bürokratie, Vorschriften und Regeln nach der Krise überhaupt wieder auf die Beine kommen und zu alter Form zurückfinden?
Die aktuelle Vollbremsung der deutschen Wirtschaft katapultiert uns wahrscheinlich in eine starke Rezession und wir müssen uns wieder auf die soziale Marktwirtschaft verlassen. Wir wussten schon vor dem Wirtschaftswunder, und wir wissen es heute, dass all unser Wohlstand und unsere Freiheiten auf der Tatkraft und dem Engagement unseres Mittelstandes in Deutschland beruhen. Die Tugenden Fleiß, Eigeninitiative, Wettbewerb, Anstand und Solidarität sind keine Floskeln und Begriffe für Sonntagsreden; sie sind die Agenda für unser gutes Wirtschaften.
Im Augenblick beschwören alle, dass unser Land gestärkt aus der Corona-Krise hervorgehen kann. Dies gelingt aber nur, wenn den Unternehmen, gerade auch dem Mittelstand, schnell und ohne große Bankenbürokratie geholfen wird. Die Rettung der Konzerne darf nicht mit dem Kurzhalten des Mittelstandes, also auf dessen Kosten, finanziert werden.
Wir brauchen einen neuen Gesellschaftsvertrag für unser Land, der die Freiheiten garantiert, Ideologien durch Pragmatismus ersetzt und sich auf das Wesentliche konzentriert. Das Subsidiaritätsprinzip muss wieder stärker Anwendung finden.
Und: wir brauchen eine andere Form des politischen Diskurses. Setzen wir wieder auf konstruktiven Meinungsstreit in allen Politikbereichen.
Text: Saskia Ludwig/ Foto: Kai Vogel