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Tech Neck, Rundrücken und Co. durch ständiges Sitzen

Vor allem in der dunklen Jahreszeit verbringen viele Menschen ihre Zeit im Sitzen. Nicht nur im Büro, in der Schule oder in der Uni – sondern auch in der Freizeit. Schließlich bieten sich die kalten und dunklen Tage im Herbst und Winter an, sich mit einem Buch auf den Sessel zu kuscheln, den Schreibtisch endlich mal wieder aufzuräumen und Ablage zu machen oder das neue Videogame auf dem Computer beziehungsweise der Spielkonsole oder dem Handy durchzuspielen. „Doch Sitzen belastet den Rücken in weitaus höherem Maß als Stehen oder Gehen. Untersuchungen zufolge erhöht sich beim Sitzen der Druck auf die Rückenpartie um etwa 150 Prozent gegenüber dem Stehen. Der Grund: Das Gewicht des gesamten Oberkörpers lastet hierbei auf der Lendenwirbelsäule und dem Becken“, weiß Dr. Munther Sabarini, Neurochirurg und Gründer der Avicenna Klinik in Berlin. Er erklärt, wie sich ständiges Sitzen auf die Rücken- und Nackenmuskulatur auswirkt und wie man Problemen vorbeugen kann.

Von verkürzten Muskeln bis zum Rundrücken

Durch langes Sitzen fährt der Stoffwechsel runter, sodass weniger Kalorien verbrannt werden – das Risiko für Übergewicht und Diabetes steigt. Die Gefahr für Verkalkungen der Herzkranzgefäße und Herzinfarkte erhöht sich dabei mit jeder Stunde, die der Mensch pro Tag sitzt. Lange Zeiten der Passivität wirken sich aber auch negativ auf die Muskulatur aus. Fehlhaltungen und -belastungen verringern die Durchblutung und somit die ausreichende Versorgung der Rückenmuskulatur mit Sauerstoff. Außerdem begünstigen sie eine Verkürzung der Muskulatur. Häufige Folge: Rücken- und Nackenschmerzen. Auch eine Hyperkyphose, ein sogenannter Rundrücken, kann aufgrund mangelnder Bewegung auftreten, da viele beim Sitzen häufig eine krumme Haltung einnehmen. Daraus entstehen unter Umständen sogar Durchblutungsstörungen, Verschleißerscheinungen oder Kopfschmerzen.

Angespannte Halswirbelsäule

Doch oft sitzen Menschen nicht nur, sondern starren dabei gleichzeitig auch auf Handy, Tablet oder eBook-Reader. Wer auf ein mobiles Gerät herunterblickt, senkt den Kopf allerdings um circa 45 Grad. Je weiter der Kopf nach vorne geneigt wird, umso größer die Belastung für den Nacken. Bei 45 Grad Neigung wirken zusätzlich zum Grundgewicht des Kopfes über 20 Kilogramm auf die Wirbelsäule, das entspricht dem Gewicht einer Wasserkiste. Denn durch die gesenkte Haltung des Kopfes muss die Halswirbelsäule einer enormen Kraft entgegenwirken. Sieben Wirbelkörper, Muskeln und Nerven, aus denen der Nacken besteht, verbinden den Schädel mit der Wirbelsäule und sorgen eigentlich für Beweglichkeit. In der Handyposition befinden sich die kleinen Gelenke zwischen den Wirbelkörpern jedoch in einer Endposition und die Gelenkkapseln sowie Bänder sind ständig gedehnt, die Muskulatur steht unter Anspannung

Sitzposition im Blick behalten

Beim Blick auf das Handy, aber auch bei der Verwendung anderer mobiler Endgeräte oder beim Arbeiten am Schreibtisch sollte sich der Bildschirm deshalb auf Augenhöhe befinden. Zudem ist es ratsam, die Sitzposition öfter zu wechseln, damit die Wirbelsäule in Bewegung bleibt. Am Schreibtisch liegen die Arme in der idealen Position – in einem 90-Grad-Winkel – auf dem Tisch auf, sodass sich zum Beispiel Maus und Tastatur bequem erreichen lassen. Ober- und Unterschenkel bilden ebenfalls einen rechten Winkel und die Füße stehen flach auf dem Boden.  

Nicht nur Sport, sondern Bewegung im Alltag integrieren

Gegen Verspannungen der Rücken- und Nackenmuskulatur hilft außerdem vor allem eins: Bewegung. Doch auch dreimal eine Stunde Sport in der Woche reichen entgegen häufiger Annahmen nicht, um die gesundheitlichen Risiken des Sitzens auszugleichen. Denn der aktiven Zeit stehen in der Regel sehr lange Phasen an Inaktivität gegenüber. Es ist deshalb ratsam, Bewegung vor allem in den Alltag zu integrieren. Es gilt zum Beispiel, die Treppen zu nehmen, statt Fahrstuhl zu fahren, beim Telefonieren aufzustehen und herumzulaufen, in den langen Phasen des Sitzens immer wieder aufzustehen und sich zu strecken oder in der Mittagspause einen kurzen Spaziergang an der frischen Luft einzuplanen. Bereits ein paar Minuten Bewegung im Freien regen Kreislauf, Stoffwechsel und Durchblutung an.

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