Ukraine-Krieg: Berlin rechnet mit hohen Flüchtlingszahlen
Nach den gescheiterten Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland gehen die Kämpfe mit unverminderter Härte weiter. Hunderttausende haben die Ukraine verlassen, um sich vor den Angriffen russischer Truppen in Sicherheit zu bringen. Auch in Berlin kommen vermehrt Flüchtlinge an.
Ein erster Verhandlungsversuch zwischen der Ukraine und Russland ist am Montagabend in der weißrussisch-ukrainischen Grenzregion bei Gomel ergebnislos zu Ende gegangen. Russland hatte dabei die Entmilitarisierung der gesamten Ukraine sowie die Anerkennung der Krim-Annexion von 2014 gefordert. Während der Gespräche kam es weiter zu Kämpfen, die sich auch anschließend fortsetzen und verstärkten. Im ostukrainischen Charkiv, der zweitgrößten Stadt des Landes, schlug am Dienstag ein Geschoss mitten im Zentrum ein; die Stadt bleibt derzeit (Stand: Dienstag, 01. März, 11:00 Uhr) zwischen ukrainischen und den angreifenden russischen Truppen umkämpft. Nach Einschätzung westlicher Militärbeobachter ist der Vormarsch auf Kiev ins Stocken geraten. Die russischen Truppen hätten mit hartnäckigem ukrainischem Widerstand und logistischen Problemen zu kämpfen. Allerdings kam dabei bislang nicht die neueste Militärtechnik zum Einsatz.
Unterdessen befinden sich Hunderttausende auf der Flucht. Lauf UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR flohen allein 280.000 Menschen nach Polen. 85.000 seien über Ungarn ausgereist, über 36.000 über die Republik Moldau, etwa 32.500 nach Rumänien und rund 30.000 in die Slowakei. Nur 300 Ukrainer flüchteten zunächst nach Belarus, das im Ukraine-Krieg die russische Position unterstützt. Rund 34.600 Flüchtende reisten in andere europäische Länder weiter. In der EU sowie in der Schweiz sind Ukrainer derzeit von der Visumspflicht befreit.
Vorbereitungen in Berlin
Unterdessen bereitet sich Berlin auf die Ankunft zahlreicher Flüchtlinge aus der Ukraine vor. Die Landesregierung rechnet mit Tausenden in den kommenden Tagen und Wochen. „Wir richten uns auf mindestens 20.000 Menschen ein, die wir hier in Berlin unterbringen müssen“, sagte die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) im RBB. Das Ankunftszentrum in Reinickendorf sei bereits gefüllt. Aktuell werde eine Unterkunft in Lichtenberg vorbereitet.
In der Bevölkerung gebe es eine hohe Hilfsbereitschaft. Zudem werde der Senat am Dienstag über die weiteren Schritte beraten. Es werde außerdem über eine Plattform nachgedacht, über die Berlinerinnen und Berliner Schlafplätze zur Verfügung stellen könnten. Generell würden alle Kapazitäten schnellstmöglich geprüft. Hohe Priorität hätten auch geeignete Immobilien für die Unterbringung von Geflüchteten.
Seit dem Wochenende kommen vermehrt Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine in Berlin an. Allein bis Montagnachmittag hätten sich 350 Menschen im zentralen Ankunftszentrum in Reinickendorf gemeldet. Seit Kriegsbeginn sind etwa 750 geflohene Ukrainer in der Hauptstadt registriert. Viele von ihnen finden derzeit noch Aufnahme bei Freunden oder Verwandten. Allerdings steigt die Zahl Geflüchteter ohne private Kontakte nach Berlin. Allein am Montag wurden 183 Menschen im Ankunftszentrum in der Oranienburger Straße untergebracht. Derzeit (01. März) verfügt Berlin noch über 1.300 freie Unterkunftsplätze; die Kapazität soll auf 1.200 erhöht werden.
Verzicht auf Asylanträge
In der Nacht zum heutigen Dienstag (01. März) trafen zudem 85 Geflüchtete mit dem Zug am Hauptbahnhof ein. Die meisten von ihnen seien von Unterstützern aus der ukrainischen und der russischen Gemeinschaft empfangen und untergebracht worden, so das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten. Laut Senatsverwaltung müssen Geflohene aus der Ukraine keinen Asylantrag mehr stellen, um aufgenommen zu werden. Derzeit wartet das Landesamt auf eine Entscheidung der EU-Innenminister zum Aufenthaltsstatus der Geflüchteten am Donnerstag und verzichtet daher auf Asylanträge.
Bereits am Wochenende hatte Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke) gefordert, Ukrainer als Kriegsflüchtlinge nach §24 des Aufenthaltsgesetzes aufzunehmen. Damit hätten sie Bewegungsfreiheit und könnten eine Arbeit aufnehmen. Als Asylbewerber wären die dagegen an eine Aufenthaltspflicht an einem bestimmten Ort gebunden und könnten nicht arbeiten. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte sich ebenfalls für eine unbürokratische Lösung ausgesprochen. ph
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