Auf der grünen Wiese wird es eng
Für viele Städte und Kommunen haben sich Gewerbeparks als lukrative Einnahmequelle bewährt. So haben Wildau dank des A10-Centers oder Rangsdorf durch das Südring-Center einen Boom erfahren. Doch eine Studie der Wirtschaftsförderung Land Brandenburg zeigt: Das Bauland wird knapp.
Seit den 1990er Jahren sind – oft am Ortsrand und verkehrsgünstig gelegen – ganze Ministädte aus dem märkischen Sand gesprossen oder haben leerstehende Flächen neu belebt: Gewerbeparks wie das Wildauer A10-Center oder das Südring-Center bei Rangsdorf sind sowohl für Kunden als auch für Unternehmen kaum aus der heutigen Gewerbelandschaft wegzudenken. Viele Gewerbeparks haben sich in der Immobilien- und Unternehmenslandschaft etabliert. So gehört das Techno Terrain Teltow fest zum Stadtbild, in Stahnsdorf konnten in den Gewerbegebieten „Techno Park“ und „Green Park“ Gewerbeansiedlungen aus vielen Branchen umgesetzt werden. Doch wieviel Wachstum ist noch möglich? Sind noch ausreichend Flächen vorhanden? Die künftige Entwicklung dürfte auch in den Rathäusern aufmerksam verfolgt werden, die auf weitere Einnahmen aus der Gewerbesteuer hoffen.
Eine von der Wirtschaftsförderung Land Brandenburg (WFBB) in Auftrag gegebene Studie (hier einsehbar) erlaubt nun einen Blick in die Zukunft. Und die Bestandsaufnahme zeigt: Das Bauland wird knapp. Brandenburg habe sich bereits zu einem international gefragten Investitionsstandort entwickelt, unterstreicht Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD). Um Unternehmen auch künftig attraktive Industrie- und Gewerbeflächen anbieten zu können, müsse nun Vorsorge getroffen werden, das Land habe hierfür das notwendige Wachstumspotenzial.
Die Bestandsflächen gehen zur Neige
Insgesamt wurden bis zum 31. Dezember 2021 in Brandenburg insgesamt 911 Bestandsflächen mit einer Fläche von 23.427 Hektar ermittelt. Von diesen Bestandsflächen sind 21.125 Hektar bzw. 90,2 % belegt. Nur 2.302 Hektar bzw. 9,8 % aller Bestandsflächen waren bis zu diesem Stichtag noch frei. Diese freien
Bestandsflächen verteilen sich auf 293 Standorte und sind zu 38,1 % in kommunalem Eigentum. Dies entspricht 878 Hektar. Im Vergleich zur Gesamtmenge der
Bestandsflächen sind bei den freien Bestandsflächen die Standortfaktoren schlechter: So sind Industriegleisanschlüsse oder die Anbindung an das Autobahnnetz seltener. Das hänge auch damit zusammen, dass es sich bei den freien Bestandsflächen in der Regel um Restflächen handelt, unterstreicht die Studie.
Die freien Bestandsflächen werden anhand von bestehenden Restriktionen und Hemmnissen in zwei Kategorien unterteilt: sofort vermarktungsfähige
Bestandsflächen und Bestandsflächen mit Handlungsbedarf. Diese Unterteilung ist mit Blick auf die Ziele der raschen Bereitstellung von Flächen durch die Wirtschaftsfördergesellschaften von Bedeutung. Deren zentrale Aufgabe ist es, unmittelbar nutzbare Flächen zu vermarkten. Von den freien Bestandsflächen sind
767 Hektar oder ein Drittel (33,3 %) sofort und 1.535 Hektar bzw. zwei Drittel (66,7 %) nicht sofort vermarktungsfähig.
Die sofort vermarktungsfähigen Bestandsflächen umfassen so gut wie keine großen und zusammenhängenden Flächen mehr. Ab einer Größenordnung von über 50 Hektar existieren in Brandenburg aktuell keine Angebote. In den Größenklassen zehn bis 25 Hektar sind noch 21 Standorte und in der Größenklasse 25 bis 50 Hektar nur noch sechs Standorte verfügbar. Dies schränkt vor allem die Ansiedlungsakquisition der WFBB stark ein, da Anfragen von investitionsorientierten Unternehmen ab einer Flächengröße von 50 Hektar abgewiesen werden müssen.
Ein weiterer Schwerpunkt in der Erstellung des Gewerbe- und Industrieflächenkonzeptes war die Analyse von Potenzialflächen. In der Bestandserhebung wurden den Gutachtern 66 Ideenflächen (3.090 Hektar) sowie 56 Entwicklungsflächen (1.436 Hektar) genannt und weiter analysiert. Ideenflächen beruhen dabei auf Ersteinschätzungen aus den Kommunen und verfügen noch über kein geltendes oder sich in Aufstellung befindendes Planungsrecht auf. Ideenflächen stehen,
wenn überhaupt, erst sehr langfristig zur Verfügung. Entwicklungsflächen werden hingegen bereits planungsrechtlich betrachtet, sodass eine Umsetzung kurz- bis mittelfristig wahrscheinlich ist.
Nur kleine Flächen sind übrig
Im gesamten Land Brandenburg beträgt der Flächenbedarf bis 2030 auf 1.579 Hektar, einschließlich Erschließungs- und Versorgungsflächen („Bruttobedarf“). Stellt man diesem rechnerischen Bedarf die freien Bestandsflächen von rund 2.762 ha brutto (netto 2.302 Hektar) gegenüber, ergibt sich ein Quotient von 1,75. Über das gesamte Land betrachtet, würden die Flächenbestände im Durchschnitt und rechnerisch also bis 2030 ausreichen.
Die Probleme werden beim zweiten Blick erkennbar: So zeigen sich in der regionalen Betrachtung große Unterschiede und es ergeben sich vielerorts kritische Flächenengpässe. In den Landkreisen Dahme-Spreewald, Märkisch-Oderland, Oberhavel und Oder-Spree liegt der Bedarf bis 2030 über dem aktuellen freien Flächenbestand. Die Nachfrage kann dementsprechend bereits aus heutiger Sicht nicht gedeckt werden. Auch in den Landkreisen Ostprignitz-Ruppin und Teltow-Fläming liegen die freien Bestandsflächen nur knapp über dem Bedarf.
Geht man des Weiteren davon aus, dass für eine erfolgreiche Vermarktung erfahrungsgemäß ein Angebotsminimum vom Dreifachen des tatsächlichen Bedarfs vorrätig gehalten werden sollte, sind in fast allen kreisfreien Städten und Landkreisen Engpässe absehbar. Nur in der kreisfreien Stadt Cottbus und in den Landkreisen Spree-Neiße und Uckermark besteht nach dieser Betrachtung ein quantitativ ausreichendes Flächenangebot. Werden die freien Bestandsflächen genauer differenziert und nur die sofort vermarktungsfähigen Bestandsflächen betrachtet, reduzieren sich die Bestandsflächen im Land um 72 %. Übrig bleiben die sofort vermarktungsfähigen Bestandsflächen von nur noch 767 Hektar. Damit wird der tatsächliche Flächenmangel in seiner ganzen Dimension deutlich: In fünf kreisfreien Städten und Landkreisen sind aktuell keine oder nur unter zehn Hektar sofort vermarktungsfähige Bestandsflächen vorhanden. In zwei weiteren Landkreisen sind nur unter 20 Hektar sofort verfügbar. Auf das gesamte Land betrachtet, könnte die ermittelte Nachfrage bis 2030 nicht einmal zur Hälfte gedeckt werden.
Wie kann es weitergehen?
Dem steigenden Bedarf an Gewerbe- und Industrieflächen in ausreichender Quantität und Qualität stehen einem derzeit zu knappen Angebot gegenüber. Dies wird sich in einigen Räumen des Landes bis 2030 nach heutigem Kenntnisstand ohne externe Unterstützung nicht verbessern. Allerdings sind die erforderlichen Prozesse der Flächenentwicklung komplex. Viele Akteure müssen eingebunden werden. Im Fokus stehen aufgrund ihrer Planungshoheit die Gemeinden. Damit erforderliche Maßnahmen zur Verbesserung der Flächenverfügbarkeit umgesetzt werden können, müssten von der kommunalen bis zur Landesebene alle
Akteure und Entscheidungsträger ihren Beitrag leisten, schlussfolgert die Untersuchung. Grundlage für ein abgestimmtes Handeln ist ein einheitliches Ziel, für das
die folgenden fünf Grundannahmen maßgebend sein sollten:
■ Wirtschaftsentwicklung benötigt Standorte
■ Flächenverfügbarkeit ist ein Alleinstellungsmerkmal
■ Flächenkonkurrenzen können nur gemeinsam gelöst werden
■ Eine Gewerbe- und Industrieflächenstrategie muss umgesetzt und kontrolliert werden
■ Intensive Kommunikation und Flächenentwicklungen in der Breite des Landes sind entscheidend.
Aufbauend auf diesen Grundannahmen lasse sich laut der Untersuchung Sicht das Hauptziel der Gewerbe- und Industrieflächenentwicklung im Land
Brandenburg ableiten: die Bereitstellung von Gewerbe- und Industrieflächen in ausreichender Quantität und hochwertiger Qualität, um den Bedarf im Land Brandenburg langfristig zu decken und die wirtschaftliche Entwicklung auch zukünftig zu sichern.
Die Umsetzung dieses Zieles müsse im Einklang mit den Nachhaltigkeitsbestrebungen des Landes stehen sowie die Eigenständigkeit der Kommunen in ihrer
herausragenden Rolle in der Flächenentwicklung und das Know-how der Wirtschaftsakteure berücksichtigen. Die Entwicklung neuer Flächen und die Qualifizierung von Bestands-, Brach- und Umwandlungsflächen könne nur unter Einbeziehung der Akteure in den betreffenden Politikbereichen erfolgreich bewältigt werden. ph/PM