Dachhaie,Pflasterpfuscher,Polstergauner – Wie man sich vor Handwerksbetrug schützt
Kaum hat die Gartensaison begonnen, flattern wieder zahlreiche Flyer in die Briefkästen. Geboten werden einmalige Sonderaktionen und günstige Preise für alle Dienstleistungen rund ums Haus: Garten- und Pflasterarbeiten, Dachreinigung, Polster- und Schreinerarbeiten, Kellersanierung, Malerarbeiten – und manchmal sogar alles aus einer Hand. Doch unter den vielen seriösen Angeboten tummeln sich auch falsche Handwerker, die das schnelle Geld wittern. Leider fallen immer wieder gutgläubige Menschen darauf herein. Wir haben nachgeforscht, Tricks und Taktiken aufgedeckt und geben Ratschläge, wie Sie sich vor betrügerischen Handwerkern schützen können.
Es fing ganz harmlos an: Familie S. aus Kleinmachnow war gerade ins neu gebaute Eigenheim eingezogen. Das Haus sah prächtig aus, nur das Grundstück wirkte noch wie eine Baustelle. Da kam es sehr gelegen, dass ein freundlicher Herr klingelte und Pflasterarbeiten anbot: Gleich morgen könnten sie anfangen, dazu noch besonders günstig. Einen Flyer hatte er auch dabei, darauf sah man schöne Bilder von exakt gepflasterten Wegen, dazu einen (aus zwei Buchstaben bestehenden) Firmennamen und eine Handynummer. Der Mann sprach zwar nur Englisch, aber man wurde sich schnell einig: Gleich morgen sollte es losgehen. 5.000 Euro sollte alles kosten, bar auf die Hand, das hielt der Mann sogar handschriftlich als Kostenangebot fest. Tatsächlich kam am nächsten Tag ein kleiner Bautrupp, lud Steine ab und begann mit dem Pflastern, währenddessen der Chef schon mal das Geld kassierte – schließlich hatte er ja schon Material geliefert, gab er an. Dass der Pflasterweg krumm und schief war und ein solider Unterbau fehlte, fiel nur den Nachbarn auf, die vom Balkon aus zuschauten. Nach acht Stunden war der Weg halb fertig und der Stellplatz abgesteckt, da machten die Handwerker Feierabend und verabschiedeten sich – für immer. Die Bauherren waren nicht nur um 5.000 Euro ärmer, sondern saßen auch mit verpfuschtem Pflaster da, das sie von einer Fachfirma für teures Geld beseitigen und neu verlegen lassen mussten. Die Polizei konnte nicht mehr helfen, denn die Betrüger – Nichtsesshafte aus Irland – waren längst über alle Berge verschwunden.

Familie S. hat mehrere Fehler auf einmal gemacht und einige Grundsätze missachtet, auf die Polizei und Verbraucherschützer immer wieder hinweisen. Zunächst einmal: Seriöse Firmen machen keine Haustürgeschäfte. Schließlich würde man auch kein Handy von einem Unbekannten kaufen, der einfach an der Tür klingelt. Normalerweise sucht man sich verschiedene Firmen heraus und vergleicht mehrere schriftliche Angebote, bevor man den Auftrag erteilt. Man zahlt erst dann, wenn die Arbeit fertiggestellt und abgenommen ist, wobei eine kleine Anzahlung für Material durchaus üblich ist – und natürlich auf Rechnung (mit Firmenangabe, Steuer- und Rechnungsnummer), weil man nur dann die Gewährleistung in Anspruch nehmen kann. Übrigens: Die Familie hatte noch Glück, andere Opfer von Handwerksbetrügern wurden massiv bedrängt und mit Sachbeschädigung bedroht, wenn sie nicht noch mehr zahlten als ursprünglich gefordert.
Nächster Fehler: Man prüft den Anbieter, indem man im Internet oder bei der Innung recherchiert – das wurde versäumt. Das gilt auch für Flyer, die als Hauswurfsendungen verteilt werden: Bunte Zettel sagen nichts darüber aus, ob die Firma erfahren und vertrauenswürdig ist – oder ob sie überhaupt existiert. Wir haben bei einigen aktuellen Angeboten recherchiert: Eine Firma hat einfach den Namen eines anderen Betriebs, der die gleichen Leistungen anbietet (Garten- und Landschaftsbau), übernommen, lediglich eine (anderslautende) Handynummer angegeben, und es wird kein Inhaber genannt. Weder im Handelsregister noch auf Firmenauskunftsportalen wie Creditrefom oder North Data taucht ein Fachbetrieb auf, bei dem Adresse oder Telefonnummer übereinstimmen. Dafür sind auf dem Flyer verdächtig viele Fotos von Pflasterflächen zu sehen, die genauso auf anderen Werbezetteln oder Websites auftauchen und von keiner dieser Firmen selbst stammen. Ein anderer Flyer wirbt für eine Firma, die 27 verschiedene Handwerksleistungen – von Dachreinigung über Bad- und Kellersanierung bis zu Fliesen-, Maler-, Elektro- und Pflasterarbeiten – anbietet, und das sogar bundesweit. Verdächtig, denn es gibt keinen Fachbetrieb, der alles kann – und es ist daher nicht gewährleistet, dass wirklich geprüfte und zugelassene Personen am Werke sind. Merkwürdig auch, dass der Inhaber laut Creditreform gleichzeitig einen Lebensmittelhandel betreibt. Auf der Website eines anderen Anbieters steht im Impressum ein Verantwortlicher, der nirgendwo registriert ist, und der Firmensitz ist ein Coworking-Space an der Berliner Friedrichstraße, also eine Art Briefkastenfirma. Eine Polsterfirma wiederum existiert überhaupt nicht, der angebliche „Meisterbetrieb“ firmiert unter einer Person, die in einem völlig anderen Metier tätig ist und bei der Handwerkskammer unbekannt ist. Das wäre dann so, als ob ein Klempner Massagen anbieten würde. Dabei könnte es sich um eine bekannte Betrugsmasche handeln: Unseriöse Handwerker bezahlen insolvente Firmeninhaber dafür, dass sie ihren Namen für dubiose Angebote hergeben.

Ganz beliebt ist die Reinigung von Dächern, Photovoltaikanlagen oder Gehwegen. Obwohl es in unserer Region zahlreiche Firmen gibt, die von Fachleuten geführt werden und viel Erfahrung nachweisen können, treiben hier besonders häufig Betrüger ihr Unwesen. Nun kann eine Dacheindeckung oder eine Solaranlage ja gut und gerne mehrere 10.000 Euro kosten – und wenn es da zu Beschädigungen käme und man den Verursacher nicht haftbar machen könnte, wäre das fatal. Trotzdem finden unseriöse Anbieter immer wieder Opfer, die blauäugig auf dubiose Offerten hereinfallen. Aber wenn man schon jemandem den Auftrag erteilt hat, sollte immer – neben den oben erwähnten Sicherheitsmaßnahmen und Überprüfungen – wenigstens der Zustand vor und nach den Arbeiten fotografisch dokumentiert werden. Handyfotos sind leicht zu erstellen, das Dach kann vielleicht ein Nachbar aufnehmen, oder man macht vorher mit Hilfe von Google Maps oder Apple Karten einen Screenshot aus der Straßenansicht oder Vogelperspektive. Dass man sich den Namen des Handwerkers und dessen Autokennzeichen aufschreibt, könnte ebenfalls helfen, um Betrüger zu identifizieren. Um die Seriosität einer Firma zu überprüfen, hilft oft die Rückwärtssuche der Telefonnummer: Wenn man sie weder bei dasoertliche.de, 11880.com, dastelefonbuch.de noch den Gelben Seiten findet oder wenn die Rufnummer bei Google von der Firmennummer abweicht, ist meist etwas faul – das war auch bei allen Nummern auf Flyern, die wir überprüft haben, der Fall. Ältere Mitbürger, die möglicherweise nicht so internetaffin sind und daher häufig Opfer von Betrügern werden, sollten sich Hilfe bei Vertrauenspersonen suchen, die auch die Verhandlungen mit den Handwerkern und die Arbeiten mit überwachen und im Streitfall als Zeugen dienen könnten. Sie sollte man schon vor Vertragsunterzeichnung hinzuziehen: Nicht gleich unterschreiben, vor allen Dingen niemals aufs Widerspruchsrecht verzichten!
Wenn man einen Betrugsverdacht hat oder selbst wenn es schon zu spät ist: Auf jeden Fall die Polizei (110) benachrichtigen, keine falsche Scham! Die Verbraucherzentrale oder einen Rechtsanwalt um Rat zu bitten, wäre angeraten, um Geld zurückzufordern oder Leistungen einzuklagen. Leider gilt jedoch für die meisten Betroffenen: Ihr Geld sehen sie nie wieder, denn die Gauner sind längst über alle Berge, haben neue Adressen oder Handynummern und sind bereits auf dem Weg zu den nächsten potentiellen Opfern. Also: Vorsicht bei Flyern und hausierenden Drückerkolonnen! Ein örtlicher Handwerksbetrieb mit guten Referenzen ist immer vorzuziehen, auch wenn er vielleicht etwas teurer ist.
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