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Wahlteltowerin feiert ihren 100. Geburtstag

Am 27. Januar feierte Ruth Plivents ihren 100. Geburtstag im Qualitas Teltow. Als Überraschungsgast schaute der Bürgermeister von Teltow, Thomas Schmidt, vorbei. Es gab Blumen, Geschenke, eine Urkunde und sehr viel zu erzählen.

Als Ruth Plivents am 27. Februar 1925 das Licht der Welt erblickte, hatte Berlin über vier Millionen Einwohner, und in ganz Deutschland gab es nur 98.000 Autos. Die Hyperinflation, als in Berlin ein Ei 320 Millionen Mark und eine Straßenbahnfahrt 50 Milliarden Mark kostete, war gerade mit amerikanischer Hilfe überwunden worden. Auf die Rentenmark war ab Oktober 1924 die Reichsmark gefolgt. Die Menschen – krisengeschüttelt und politikverdrossen – schöpften Hoffnung, suchten Trost und Ablenkung, die berühmten „Goldenen Zwanziger“ begannen. Zugleich aber verkündete Adolf Hitler an jenem 27. Februar 1925 vor mehreren tausend Menschen in München die Neugründung der NSDAP, mit der das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte begann.

Die folgenden Jahre und Jahrzehnte des Krieges, der Zerstörung, des Leids und des Wiederaufbaus, der Teilung und der Wiedervereinigung hat Ruth Plivents als Zeitzeugin miterlebt. Heute lebt die alte Dame mit dem verschmitzten Lächeln in der Betreuten Wohngemeinschaft von Qualitas Teltow und feierte ihren 100. Geburtstag. Neben vielen Mitbewohnern und ihrer großen Familie, die sie an diesem Tag besuchte – Kinder, Enkel und Urenkel – schaute auch Teltows Bürgermeister Thomas Schmidt vorbei. Natürlich gab es einen großen Blumenstrauß und Geschenke. Dazu Kuchen und Sekt. Ruth Plivents bevorzugte auch an ihrem 100. Geburtstag ein Glas Orangensaft. „Ich habe nie getrunken und nie geraucht“, sagt sie stolz. „Aber ich habe viel Zeit an der frischen Luft verbracht und bin spazieren gegangen“, sagt sie und schaut aus dem Fenster. Das Gehen fällt ihr schwer. Deshalb sitzt sie im Rollstuhl. „Mir gefällt es hier sehr gut“, sagt sie und winkt ihren Mitbewohnern zu, die gerade am großen Tisch den Kuchen anschneiden. „Ich habe hier mein eigenes Zimmer und mein eigenes Bad. Und alle sind sehr nett zu mir. Aber nachts träume ich davon, wie es war, als ich noch laufen konnte.“

Vieles von dem, was Ruth Plivents kannte, gibt es heute nicht mehr. Die Firma, für die sie jahrzehntelang in Treptow gearbeitet hat, die AEG, einst einer der größten Elektrokonzerne der Welt, ist nur noch eine Erinnerung. Auch ihren Beruf als Stenotypistin gibt es nicht mehr. „Ich weiß nicht, ob das heute noch jemand macht. Aber es war einer der ersten Angestelltenberufe, die jungen Frauen nach 1918 offen standen.“ Manchmal vermisst sie auch ihre Wohnung in Berlin. „Sie war sehr klein, aber unglaublich gemütlich. Als ich sie für immer verlassen musste, habe ich geweint. Zum Glück konnte ich einige Möbel mitnehmen, die mir sehr am Herzen liegen. Seit Januar 2023 bin ich nun Teltowerin.“

Dass sogar der Bürgermeister von Teltow zum 100. Geburtstag gratulierte und Blumen, Geschenke und eine Urkunde mitbrachte, freute Ruth Plivents sehr. „Den 27. Januar 2030 trage ich mir schon mal in den Kalender ein“, sagte Bürgermeister Schmidt. „Dann feiern wir gemeinsam ihren 105. Geburtstag!“

Heute wird Ruth Plivents von ihren beiden Töchtern, vier Enkeln und vier Urenkeln gebührend gefeiert. Für den Nachmittag ist ein großes Fest geplant, bei dem niemand fehlen darf.

Fotos: Redaktion