Hier drückt der Schuh
Am 14. Juni 2023 startete die Berliner Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey ihre Made in Berlin – Tour. Erste Station war der Pharmazulieferer Knauer in Berlin-Zehlendorf.
Am Mittwoch besuchte die neue Berliner Senatorin für Wirtschaft, Energie und Betriebe, Franziska Giffey, einen Hidden Champion der Berliner Wirtschaft. Die Knauer Wissenschaftliche Geräte GmbH aus Zehlendorf ist einer der weltweit führenden Hersteller von Labormessgeräten für Analytik und Aufreinigung. Gegründet wurde das Unternehmen 1962 von Herbert Knauer (91) und seiner Frau Roswita (85) in einer Zweizimmerwohnung in Berlin-Schmargerdorf. Hier entwickelte der damalige Universitätsassistent Herbert Knauer ein Gerät, das Temperaturänderungen von 1 bis 1000 °C genau messen konnte. Seine Ausrüstung: Lötkolben und Bohrer. Heute wird die Firma in zweiter Generation von Alexandra Knauer geführt. Die Enkelin der Gründer studiert Biowissenschaften in Potsdam und absolviert derzeit ein Praktikum im Unternehmen.
Die Produkte werden in 70 Länder exportiert, vor allem nach Asien und in die USA. 190 Mitarbeiter erwirtschaften einen Jahresumsatz von 45 Millionen Euro. In der Firmenzentrale hängen Bilder, auf denen US-Präsident Joe Biden oder der belgische König Philippe die Knauer-Produktpalette Made in Germany bewundern. Allein während der Corona-Pandemie wurden für Pfizer und Biontech Produktionsanlagen gebaut, mit denen mRNA-Impfstoffe verkapselt werden können. Mehr als 2,5 Milliarden Dosen wurden hergestellt, um mit dem Impfstoff die Corona-Pandemie zu bekämpfen – und das mit einer Geschwindigkeit von 2.000 portionierten Dosen pro Minute.
Bei dieser Dynamik sollte man meinen, dass Probleme schnell gelöst werden können. Und doch kämpft das Unternehmen im Hier und Jetzt mit Schwierigkeiten, die eigentlich lösbar sein sollten. Einige davon stellte Alexandra Knauer am 14. Juni 2023 Franziska Giffey vor. Knauer wollte zum Beispiel wissen, wann die S1 endlich zuverlässig fährt. Hochqualifizierte Bewerber blieben fern, weil es fast unmöglich sei, pünktlich zur Arbeit zu kommen. Und das in einem Gewerbegebiet, in das nicht einmal ein Bus fährt. Franziska Giffey versicherte, dass der Ausbau der U3 bis zum Mexikoplatz noch in dieser Legislaturperiode beginnen werde.
Ein ebenso großes Problem für das Unternehmen ist der akute Fachkräftemangel. Dabei geht es um hochqualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland, die nach Berlin geholt werden müssen, aber auch um den heimischen Arbeitsmarkt. Obwohl das Unternehmen Frauen fördert, seine Mitarbeiter am Gewinn beteiligt und attraktive Prämien und Boni zahlt, erhält es über manche Monate keine einzige Bewerbung auf ausgeschriebene Stellen. Giffey bezeichnete den Fachkräftemangel als größte Herausforderung für Berlin und versprach ein Ausbildungsbündnis.
Bleibt zu hoffen, dass es der Politik bald gelingt, Familienunternehmen wie die Firma Knauer wirklich dort zu unterstützen, wo sie es am dringendsten brauchen. Damit ist das Unternehmen nicht allein: Mehr als 180.000 Familienunternehmen in Deutschland beschäftigen über acht Millionen Menschen. Sie wirken stabilisierend, wenn die Wirtschaft in unruhiges Fahrwasser gerät. Und sie sind der Jobmotor in konjunkturellen Hochphasen. Ohne sie geht nichts.
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Foto: Redaktion