IFO-Institut: Deutsche Wirtschaft auf Erholungskurs
Die Corona-Pandemie hat die Weltwirtschaft im ersten Halbjahr 2020 in eine tiefe Rezession gestürzt, so das Münchner Institut für Wirtschaftsforschung (IFO) in seiner Herbstprognose. Mit der schrittweisen Lockerung der Shutdown-Maßnahmen habe spätestens im Sommer überall eine Erholung eingesetzt.
In Deutschland werde die Wirtschaftsleistung im Jahresdurchschnitt voraussichtlich um 5,2% niedriger sein als im Jahr 2019 und das Bruttoinlandsprodukt beim angenommenen Erholungstempo erst im vierten Quartal 2021 sein Vorkrisenniveau erreichen. Die jahresdurchschnittliche Wachstumsrate wird laut IFO-Schätzung im kommenden Jahr bei 5,1 % liegen. 2022 wird sich die Erholung fortsetzen und das Bruttoinlandsprodukt weiterhin überdurchschnittlich mit 1,7% zulegen, schätzt das Institut.
Die Corona-Pandemie hatte die Weltwirtschaft im ersten Halbjahr 2020 in eine tiefe Rezession gestürzt. Die Maßnahmen zur Eindämmung des Infektionsgeschehens führten insbesondere in vielen Dienstleistungsbereichen zu bislang beispiellosen Umsatzeinbrüchen. Zwar drosselten auch Unternehmen im verarbeitenden Gewerbe ihre Produktion. Im Vergleich zu früheren Rezessionen war der Beitrag der industriellen Wertschöpfung zur gesamtwirtschaftlichen Schrumpfung jedoch vergleichsweise gering. Mit der schrittweisen Lockerung der Shutdown-Maßnahmen setzte spätestens im Sommer überall die Erholung ein. Vielerorts verbesserte sich die Stimmung von Unternehmern deutlich, von Haushalten aber nur zum Teil. Eine vollständige Erholung der Weltwirtschaft dürfte allerdings noch auf sich warten lassen, solange das Virus weiterhin grassiert und Einfluss auf das Wirtschaftsgeschehen nimmt.
Auch die deutsche Wirtschaft befand sich in der ersten Jahreshälfte in der mit Abstand tiefsten Rezession ihrer Nachkriegsgeschichte. Das Bruttoinlandsprodukt schrumpfte nach einem Rückgang im ersten Quartal 2020 in Höhe von 2,0% im zweiten Quartal noch einmal um 9,7%. Dennoch war die Rezession in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern eher mild. Dazu dürfte beigetragen haben, dass die Virusausbreitung mit weniger einschränkenden Maßnahmen unter Kontrolle gebracht werden konnte und dass der Wertschöpfungsanteil der Industrie, deren Produktion von staatlichen Maßnahmen wenig betroffen war, vergleichsweise hoch ist. In Folge der deutlich gesunkenen Neuinfektionszahlen im Frühsommer wurden auch hierzulande die Shutdown-Maßnahmen allmählich gelockert oder für manche Wirtschaftsbereiche sogar ganz aufgehoben. Vor allem deshalb haben sich die Geschäftserwartungen der deutschen Unternehmen seit ihrem Tiefpunkt im April deutlich verbessert, so dass das Geschäftsklima in vielen Wirtschaftsbereichen bereits wieder nahe seinem Vorkrisenniveau liegt. Gleichwohl wird die aktuelle Lage von den meisten Unternehmen noch deutlich schlechter als zu Jahresbeginn eingeschätzt.
Erholung verlangsamt sich
Im weiteren Verlauf dürfte sich das Erholungstempo jedoch merklich verlangsamen, fürchtet das IFO. Dazu trage vor allem bei, dass das Angebot an Dienstleistungen, die im Zusammenhang mit sozialen Konsumausgaben stehen, weiterhin beschränkt bleibt. Damit dürfte die Unterauslastung in diesen Wirtschaftsbereichen unter der Annahme, dass erst im Laufe des nächsten Jahres ein wirksamer Impfschutz zur Verfügung steht, zunächst anhalten. Zudem würden dauerhafte Verhaltensänderungen von Verbrauchern und Unternehmern eine Rolle spielen. Viele Anbieter der davon betroffenen Dienstleistungen dürften daher mit strukturellen Anpassungen konfrontiert sein, die eine Zunahme der Unternehmensinsolvenzen und der Arbeitslosigkeit wahrscheinlich werden lassen. Gestützt werde die Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen hingegen durch zahlreiche fiskalpolitische Maßnahmen, die die Einkommen der Verbraucher stabilisieren und ihre Kaufkraft stärken. Auch das exportorientierte verarbeitende Gewerbe dürfte allmählich von der sich bessernden konjunkturellen Lage in den wichtigsten Abnehmerländern
Profitieren – darauf deute unter anderem die Erholung bei den Auftragseingängen und den ifo Exporterwartungen hin.
Insgesamt wird die Wirtschaftsleistung im Durchschnitt dieses Jahres voraussichtlich um 5,2% niedriger sein als im Jahr 2019, schätzt das Institut. Beim unterstellten Erholungstempo wird das Bruttoinlandsprodukt erst im vierten Quartal 2021 sein Vorkrisenniveau erreichen. Die jahresdurchschnittliche Wachstumsrate liegt dann im kommenden Jahr bei 5,1%. Im Jahr 2022 wird sich die Erholung fortsetzen und das Bruttoinlandsprodukt weiterhin überdurchschnittlich mit 1,7% zulegen.
Corona hinterlässt Spuren am Arbeitsmarkt
Auch am Arbeitsmarkt hat die Coronakrise tiefe Spuren hinterlassen. Die Zahl der Arbeitslosen ist saisonbereinigt von 2,26 Mio. Personen im März auf 2,94 Mio. Personen im Juni und damit auf den höchsten Wert seit der Eurokrise gestiegen. Seither geht die Arbeitslosigkeit nur langsam zurück. Das ifo Beschäftigungsbarometer deutet zwar darauf hin, dass sich der Rückgang in den kommenden Monaten etwas beschleunigen dürfte. Vor allem bei den Dienstleistern und im Baugewerbe wird im August erstmals wieder mehrheitlich mit Neueinstellungen gerechnet. Dennoch dürfte die Arbeitslosigkeit bis Ende des Prognosezeitraums nur langsam auf 2,5 Mio. Personen zurückgehen und damit nicht wieder ihr Vorkrisenniveau erreichen. Maßgeblich hierfür sind die durch die steigende Zahl der Unternehmensinsolvenzen freigesetzten Arbeitskräfte, die zumindest mittelfristig keine neue Anstellung finden werden. PM
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