„Notfallplan Gas“: Das sind die drei Warnstufen
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat angesichts reduzierter russischer Gaslieferungen heute die zweite von drei Warnstufen ausgerufen. Was bedeuten die drei Alarmstufen?
Vor rund sechs Tagen hatte Russland seine Gaslieferungen nach Deutschland und Europa stark zurückgefahren – Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat als Reaktion darauf nun die zweite von drei Warnstufen des Notfallplans Gas ausgerufen. Derzeit sei die Versorgung gewährleistet, doch die Bundesrepublik dürfe sich nicht in falscher Sicherheit wiegen, betonte Habeck. Es müssten insbesondere Vorkehrungen für die Wintermonate getroffen werden.
Der Notfallplan Gas von 2019 beruht auf einer EU-Verordnung aus dem Jahr 2017. Dieser besteht aus drei Stufen, die jedoch nicht hintereinander ausgerufen werden müssen: Frühwarnstufe, Alarmstufe und Notfallstufe.
Frühwarnstufe
Diese Warnstufe wurde von Wirtschaftsminister Habeck am 30. März 2022 ausgerufen und sah keinen staatlichen Eingriff vor. Diese wurde zum ersten Mal seit Bestehen des Notfallplans aktiviert.
Laut EU-Verordnung tritt die Frühwarnstufe in Kraft, wenn es konkrete, ernstzunehmende und zuverlässige Hinweise auf eine mögliche Verschlechterung der Gasversorgung bestehen. Im März war laut Habeck die Gasversorgung weiterhin gewährleistet, doch eine größere Vorsorge sei nötig, so der Minister damals. Die Ausrufung wurde vor dem Hintergrund russischer Forderungen vorgenommen, Zahlungen für Gaslieferungen nur noch in russischen Rubeln zu akzeptieren. Deutschland und weitere westliche Staaten lehnen dies unter Verweis auf die Sanktionen gegen Moskau jedoch ab.
Im Bundeswirtschaftsministerium war daraufhin ein Krisenstab aus Behörden und Energieversorgern zusammengetreten. Versorger und Betreiber waren verpflichtet, für die Bundesregierung die Lage regelmäßig einzuschätzen. Allerdings sah diese Stufe keine staatlichen Eingriffe in den Gasmarkt vor. Stattdessen sollten die Marktteilnehmer für die Sicherheit der Gasversorgung sorgen, etwa durch einen Rückgriff auf Gasspeicher.
Alarmstufe
Diese Warnstufe hat Wirtschaftsminister Habeck heute (23. Juni 2022) verkündet. Laut dieser Stufe ist der Markt noch in der Lage, die Störung alleine zu bewältigen. Die Ausrufung war erwartet worden, allerdings für einen etwas späteren Zeitpunkt. Die heutige Aktivierung könnte Folgen für Unternehmen und Verbraucher nach sich ziehen. Anlass für diesen Schritt war die drastische Reduzierung der Erdgaslieferungen aus Russland über die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 um etwa 60 Prozent.
Das Bundeswirtschaftsministerium ruft die Alarmstufe aus, wenn eine Störung der Gasversorgung oder eine überdurchschnittlich hohe Gasnachfrage vorliegt. Die Kenngrößen sind identisch mit der Frühwarnstufe, doch die Lage wird als gravierender betrachtet.
Gemäß Stufenplan ist der Markt in dieser Phase noch in der Lage, Störungen ohne staatliche Eingriffe zu bewältigen. Derzeit scheint die Bundesnetzagentur noch nicht die sogenannte Preisanpassungsklausel aktivieren, durch die Versorger höhere Preise an die Verbraucher weiterreichen können. Hierfür wäre erforderlich, dass die Bundesnetzagentur eine „erhebliche Reduzierung der Gasimportmenge“ feststellt. Dies ist noch nicht der Fall.
Notfallstufe
Die Notfallstufe ist die gravierendste Stufe und stellt eine derart ernste Lage fest, dass der Staat in den Markt eingreifen muss. Während der Notfallstufe ist vorgesehen, dass die Bundesnetzagentur die Gasverteilung koordiniert.
Die Notfallstufe muss durch eine Verordnung der Bundesregierung verkündet werden, bei einer ungewohnt hohen Gasnachfrage, gravierender Störung der Gasversorgung oder einer anderweitigen Verschlechterung der Versorgung.
Bei der Notfallstufe muss der Staat „nichtmarktbasierte Maßnahmen“ ergreifen. Damit soll durch staatliches Eingreifen die Gasversorgung der geschützten Kunden sichergestellt werden. Die Bundesnetzagentur ist dann für die Gasverteilung zuständig. In der Notfallstufe sind bestimmte Kunden besonders geschützt: private Haushalte, Krankenhäuser, Feuerwehr, Polizei oder Gaskraftwerke, die gleichzeitig die Haushalte mit Wärme versorgen. Diese müssen, wenn möglich, bis zuletzt mit Gas versorgt werden. ph
Symbolbild: Pixabay.com