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Straßenbau: Wer ist eigentlich wofür zuständig?

Ohne zu übertreiben darf man wohl sagen, dass die Region Teltow – Kleinmachnow -Stahnsdorf in den letzten Jahren einige Monsterprojekte im Straßenbau zu bewältigen hatte, und auch in den nächsten Jahren sind diesbezüglich weitere Einschränkungen und Belastungen zu erwarten. Es gilt, dass durch Zuzug von zahlreichen Familien und auch durch Firmenansiedlungen enorm gewachsene Verkehrsaufkommen zu bewältigen, aber auch marode Verkehrswege zu sanieren und für die Zukunft zu ertüchtigen. Dabei haben sich die Verkehrsströme seit der Wende drastisch verändert. Nicht nur Frequenz und Fahrtziele der Verkehrsteilnehmer sind ganz anders als früher vor der Wende  –  es gibt beispielsweise mehr Pendler, die von und nach Berlin unterwegs sind –  im Zusammenhang mit dem aktuellen Umweltthema gewinnen auch Radverkehr und ÖPNV an Bedeutung.

So löst beispielsweise die Sperrung einer wichtigen Verkehrsader wie der Rammrathbrücke zu bestimmten Tageszeiten einen massiven Stau aus, der die Zeitplanung der Betroffenen völlig durcheinanderbringt. „Zum Rehazentrum in der Oderstraße brauche ich jetzt, wenn´s gut geht, eine halbe Stunde, früher ging das in 10 Minuten“ klagt eine ältere Dame, die auf das Auto angewiesen ist. Wie so mancher genervter Autofahrer versucht auch sie in der Oderstraße, sich nach Kleinmachnow illegal hinter dem Bus durchzumogeln, in der ständigen Angst, dass sich die geöffnete Schranke schließt. Auch keine praktikable und wünschenswerte Lösung (zudem recht riskant), aber wenn sonst gesetzestreue Bürger schon zu solchen Maßnahmen greifen, zeigt das, wie massiv Verkehrssperrungen ins alltägliche Leben eingreifen. Die Sanierung der Rammrathbrücke wird noch bis Ende nächsten Jahres dauern und damit den Verkehr in der gesamten Region beeinträchtigen. Wenigstens die Behelfsbrücke ist jetzt offen, wovon der Autoverkehr jedoch nicht profitiert. Eine Behelfslösung, die alle Verkehrsteilnehmer berücksichtigt, scheiterte daran, dass die Stadt Teltow diese hätte selbst zahlen müssen, und auch eine Brückenverbreiterung scheiterte an einer fehlenden Finanzierungsmöglichkeit durch die betroffenen Orte Teltow und Kleinmachnow. In diesem Fall ist der Bund nicht nur Bauverantwortlicher, sondern auch alleiniger Geldgeber und bestimmt somit die Planungen.

Baumfällungen an der Ruhlsdorfer Straße in Teltow. Foto: MK

Für die Koordination der Baumaßnahmen und vor allen Dingen für die Planung der Verkehrsumleitungen sind jedoch andere verantwortlich: Dafür gibt es eine „Sperrkommission“, ein jährlich tagendes Gremium, das vom Landkreis einberufen wird und aus Straßenbaulastträgern, ÖPNV, Verkehrsbehörden und Polizei besteht (im Falle der Rammrath-Brücke ist jedoch die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes federführend).

Auch die bevorstehende Fortführung der Ausbauarbeiten an der Ruhlsdorfer Straße wird von dieser Kommission begleitet. Der lange, nach einer für die Anwohner belastenden Bauphase nun fertiggestellte Teilausbau dieser Straße war und ist aber nicht unumstritten. Wie hitzige Diskussionen, Demonstrationen und sogar Gerichtsverhandlungen im Zusammenhang mit dem Weiterbau zeigten, wird die Abwägung zwischen Baum- oder Menschenschutz heutzutage immer schwieriger. Vielleicht beruhigen sich die Gemüter wieder etwas, wenn man sieht, dass einige der gefällten Bäume sowieso schon morsch waren und dass sichere Fuß- und Radwege in Zukunft vielen Straßennutzern zugutekommen werden – bis dahin wird es aber zu weiteren Umleitungen, Staus und Verkehrsbeeinträchtigungen kommen.

Auf welchem Wege man den Fuß- und Radfahrerschutz am besten erreicht, wird ebenfalls kontrovers diskutiert. So stellt der Radfahrclub ADFC fest: „Kraftfahrer, die einen Radfahrer überholen, müssen mindestens einen Abstand von 1,5 m bis 2 m einhalten – im Zweifel mehr. Ist kein ausreichender Abstand aufgrund der Verkehrssituation einzuhalten, muss das Überholen unterbleiben und es ist hinter dem Radfahrer zu bleiben“ und beruft sich dabei auf §5 Abs.4 der Straßenverkehrsordnung, wo allerdings keine konkreten Zahlen genannt werden. Der ADFC war auch Initiator der Maßnahme, dass in unserer Region mittlerweile immer mehr Radwege auf die Straßen verlegt werden, was angeblich die Verkehrssicherheit erhöhen soll.

Als konkretes Beispiel kann hier der aktuelle Umbau der Potsdamer Allee in Stahnsdorf gelten, wo der Landkreis mit seinem Kreisstraßenbetrieb für die Baumaßnahmen zuständig ist, die übrigens wöchentlich mit Gemeinde, Baufirmen und sonstigen Beteiligten koordiniert werden. Hier ist zu beobachten, dass sich auch in bereits fertiggestellten Abschnitten viele Radfahrer offenbar in der Nähe der Autos unsicher fühlen und daher rechtswidrig auf dem Gehweg fahren, ohne zu berücksichtigen, dass Radfahrer (außer Kindern bis zu 10 Jahren) auf der Straße fahren müssen (§2 Abs.1 StVO). Auf der anderen Seite kann man es ihnen auch nicht verdenken, wenn man sich vor Augen hält, wie eng jetzt die Abstände geworden sind, und man fragt sich, wie die vorgeschriebenen Seitenabstände überhaupt eingehalten werden sollen, ohne Radfahrer zu gefährden. Die Alternative wäre, dass Busse und PKW die ganze Strecke den Radfahrern hinterherschleichen müssten. Und was passieren kann, wenn zwei Radfahrer (wie oft beobachtet) unerlaubt nebeneinander fahren, das will man sich gar nicht ausmalen – ganz zu schweigen von Gefahren bei waghalsigen Überholmanövern an Bushaltestellen, wie sie schon jetzt zu beobachten sind. Haltebuchten für Busse wurden nicht eingeplant, wären bei einer Radspur auf der Straße aber auch nicht unproblematischer.

Gefährliche Annäherungen vorprogrammiert: der neue Radweg auf der Potsdame Allee. Foto: MK

Wie festzustellen ist, schreiten die Bauarbeiten auf der Potsdamer Allee jedoch gut voran. Viele Stahnsdorfer scheinen sich mittlerweile an die damit verbundenen Beeinträchtigungen gewöhnt zu haben und planen etwas mehr Zeit ein. Allerdings sieht man im Baustellenbereich öfter gewagte Überholmanöver wie auch dreiste und gefährliche Rotlichtverstöße von ungeduldigen PKW- und Radfahrern. Damit haben besonders ältere Fußgänger zu kämpfen, für die das Überqueren der Baustelle ein riskantes Manöver darstellt. Während sich jüngere Anwohner auf den Webseiten von Gemeinde und Landkreis umfangreich und aktuell über die Baumaßnahmen informieren, haben gerade die Senioren oft das Gefühl, darüber zu wenig informiert zu werden. Die von ihnen gewünschten Flyer könnten allerdings nicht tagesaktuell verteilt werden und hinterließen auch eine Menge Papiermüll. Auch bei Beschwerden im Zusammenhang mit dem Straßenbau sind ältere Mitbürger ohne Internet benachteiligt: Gemeinde und Landkreis empfehlen das Maerker-Portal (https://maerker.brandenburg.de), von dort aus gibt es eine schnelle Weiterleitung an die zuständigen Behörden.

Ein weiteres Problem sind die nicht unerheblichen Umsatzverluste für die betroffenen Geschäftsinhaber. So verzeichnete beispielsweise die Bäke-Apotheke letztes Jahr einen baustellenbedingten Verlust von 50.000 Euro, der nur durch den Weggang einer Mitarbeiterin kompensiert werden konnte. Dabei könnten in Zukunft noch viele weitere Gewerbetreibende und Anwohner unter Straßenbaumaßnahmen leiden: „Nach Übernahme der Landesstraße 77 in Gemeindeeigentum (nach der baldigen Eröffnung der L77n) sollen mittelfristig die Bereiche Lindenstraße, Güterfelder Damm und Stahnsdorfer Chaussee neu betrachtet werden“ kündigt Stahnsdorfs Pressesprecher Stephan Reitzig an. Auch über eine eventuelle Entlastung des stauanfälligen Bereichs um den Stahnsdorfer Hof wird nachgedacht, hierbei wäre allerdings das Land Brandenburg federführend.

Demnächst freie Fahrt zur L77: Kreisverkehr der L77n an der Quermathe. Foto: MK

Auch in Teltow und Kleinmachnow stehen Straßensanierungen an, aber auch ein barrierefreier Umbau von Bushaltestellen, was ebenso zu kurzfristigen Verkehrsbeeinträchtigungen führen kann. Über alle geplanten Bau- und Umleitungsmaßnahmen kann man sich ausführlich auf den Webseiten der Gemeinden informieren, bei Großbaustellen gibt es sogar ein Bautagebuch mit aktuellen Fotos. Fest steht, dass gerade im Straßenbaubereich in den nächsten Jahren noch viele Arbeiten anstehen und dass es für die stau- und umleitungsgeplagten Bewohner der Region dadurch nicht leichter wird. Immerhin gibt es die Hoffnung, dass die Abläufe vielleicht doch etwas reibungsloser werden könnten, wenn auch in naher Zukunft nicht mit weniger Verkehr zu rechnen ist. Zur Lösung dieses Problems müsste es schon einen schnelleren ÖPNV- und vor allen Dingen S-Bahn-Ausbau geben, hierbei müsste die Politik wohl noch aktiver und bürgerfreundlicher agieren. Hoffen wir weiter…

Text: KP