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Erörterungsveranstaltung zum Lärmaktionsplan für Kleinmachnow blieb ungenutzt

23. Mai, 18:00 Uhr, die Technik für die Präsentation ist eingerichtet, der verantwortliche Ingenieur Stefan Müller und Vertreter des Bauamtes warten im Bürgersaal auf Hinweise und Fragen durch Kleinmachnower. Doch niemand kommt. Die Gelegenheit, sich über die Lärmsituation im Ort zu informieren und eigne Verbesserungen vorzuschlagen, wird nicht wahrgenommen.

Lärmaktionsplan, was soll das sein? Klingt schon so bürokratisch, versteht man eh nicht, wird sich so mancher vielleicht gedacht haben.

Der „Lärmaktionsplan“ ist seit 2002 gesetzlich vorgeschrieben und beinhaltet Pläne, den zuvor gemessenen Umgebungslärm in Wohngebieten, durch geeignete Maßnahmen zu vermindern. Die rechtzeitige Mitwirkung der Öffentlichkeit ist verpflichtend und deren Ergebnisse sind zu berücksichtigen, um die Situation vor Ort zu verbessern, heißt es im Bundesimmissionsschutzgesetz.

Alle fünf Jahre werden europaweit die „Umgebungslärmkartierungen“ erneut überprüft und überarbeitet. Worum geht es genau? Allgemein zählen Schienenverkehr, Flugverkehr, Industrie und Gewerbe als wesentliche Lärmquellen. Die größte Lärmbelästigung für die Haushalte geht jedoch vom Straßenverkehrslärm aus. Nicht Gegenstand des Lärmaktionsplans sind vorübergehende Lärmquellen durch Baustellen, Laubbläser oder Glascontainer. Dass Lärm krank machen kann, ist allgemein bekannt. Auch im grünen Kleinmachnow sind die Einwohner davon betroffen.

Die Technik für die Präsentation ist aufgebaut, Dipl. – Ing. Stefan Müller und B. Eng. Jochen Pfaller warten im Bürgersaal auf Hinweise und Fragen der Kleinmachnower. … aber es kommt niemand.

Wer Anwohner der viel befahrenen Hohen Kiefer und des Zehlendorfer Damms ist, oder in der Nähe der A115 wohnt, lebt mit ständigem Verkehrslärm. Da schließt man in den Berufsverkehrszeiten lieber das Fenster, wenn man noch schlafen, konzentriert arbeiten oder sich in Ruhe unterhalten will.

Die Hauptverkehrsachsen Kleinmachnows verlaufen vom südlich gelegenen Stahnsdorf und Teltow zum Berliner Stadtgebiet im Norden, Westen und Osten der Gemeinde. Nicht nur Kleinmachnower nutzten diese Verbindungswege, auch viele Pendler aus dem Umland durchqueren die Gemeinde täglich auf dem Weg zu ihrem Arbeitsplatz. Besonders betroffen sind davon der Thomas Müntzer Damm, der Zehlendorfer Damm, die Karl-Marx-Allee, der Stahnsdorfer Damm, die Hohe Kiefer, die Förster-Funke-Allee und der Stolper Weg bis zur Autobahnauffahrt der A115. An diesen Straßen wurden 2022 Verkehrszählungen durchgeführt, um die Anzahl der Fahrzeuge in der Stunde zu erfassen. In einer Zeit, in der viele Arbeitnehmer wegen Corona überwiegend im Homeoffice arbeiteten und der Verkehr deutlich geringer war, wie einschränkend anzumerken ist.

Die EU-Kommission hat festgeschrieben, dass bis 2030 die Zahl der Menschen, die unter Verkehrslärm leiden, um 30 % verringert werden soll. Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt, dass die Lärmbelastung durch Straßenverkehr ganztags einen durchschnittlichen Pegel von 53 Dezibel (dB(A)) und nachts von 45 dB(A) nicht überschreiten sollte, um gesundheitliche Schäden zu vermeiden. Das Land Brandenburg hat deutlich höhere Toleranzwerte festgelegt und geht erst ab 65 dB(A) für den Tag und 55 dB(A) für die Nacht von erheblicher gesundheitlicher Beeinträchtigung aus, die beispielsweise Herzkrankheiten und massive Schlafstörungen auslösen können.

Wie viele Menschen sind in Kleinmachnow betroffen?

Nach der aktuellen Lärmkartierung sind 512 Menschen bzw. 244 Wohnungen einer Lärmbelastung von mehr als 65 dB(A) ausgesetzt und 2926 Bewohner in 1150 Wohnungen mehr als 55 dB(A). Betroffen sind neben privaten Haushalten außerdem Kita Ameisenburg, Schule am Schleusenweg, Evangelische Gesamtschule, Evangelische Grundschule und die Maxim-Gorki-Gesamtschule. Die höchste Lärmbeeinträchtigung liegt, abgesehen von der Autobahn, am Stahnsdorfer Damm tagsüber bei 89,62 dB(A) und nachts 80,5 dB(A). Am Stolper Weg ist mit 972,3 Fahrzeugen pro Stunde 84,65 dB (A) das höchste gemessene Verkehrsaufkommen gemessen worden, gefolgt vom Thomas-Müntzer Damm mit 832 Fahrzeugen pro Stunde (84,06 dB(A)).

Der Verkehr rollt dicht an dicht.

Interessant ist, dass der Stolper Weg mit seiner Asphaltierung, trotz des höheren Verkehrsaufkommens, deutlich leiser ist, als der Stahnsdorfer Damm und der Thomas-Müntzer-Damm. Sprich, der Straßenbelag spielt als Lärmquelle eine entscheidende Rolle. Doch angesichts der angespannten Haushaltslage kommen neue Asphaltierungen, etwa mit „Flüsterasphalt“ an den betroffenen Straßen zurzeit nicht infrage, so der Fachbereichsleiter Bauen und Wohnen, Ernsting.

Das Planungsbüro empfiehlt, bei allen künftigen Sanierungen, Erweiterungen und Neubauten einen geeigneteren Straßenbelag zu verwenden. Weitere Möglichkeiten der Lärmminderung wäre die Ausweitung der Tempo-30-Zonen auch tagsüber und zusätzliche Lärmschutzwände. Dies würde in Kombination eine deutlich wahrnehmbare Reduktion des Lärms ermöglichen.

Das Planungsbüro empfiehlt weiterhin regelmäßige Geschwindigkeitskontrollen, eine Umgestaltung des Verkehrsknotenpunkts am ODF-Platz/Ernst Thälmann-Straße und Lärmschutzwände am Stahnsdorfer Damm. Es gibt auch Überlegungen innerhalb des Bauamtes, die Kreuzung am Stolper Weg Richtung A115 in einen Kreisverkehr umzugestalten. Doch nur ein Teil der möglichen Schritte zur Lärmminderung kann die Gemeinde eigenständig entscheiden. Für eine etwaige Ausweitung der Lärmschutzwände entlang der Autobahn ist der Bund mit zuständig.

Über die Ausweitung von Geschwindigkeitsbeschränkungen auf Tempo-30 in allen Straßen entscheidet der Landkreis. Rechtlich bindend sind die vorliegenden, aufwendigen Untersuchungsergebnisse nicht. Letztlich ist es eine politische Entscheidung, welche Maßnahmen zur Lärmreduktion umgesetzt werden. Da hätte eine rege Bürgerbeteiligung einen nicht unerheblichen Einfluss gehabt.

Ein Fazit der bisherigen Lärmprüfung: ruhige Gebiete sind in Kleinmachnow nicht zu finden.

Wie geht es jetzt weiter mit dem Lärmaktionsplan? Am 18. Juli wird das Gesamtergebnis vorgestellt und dem Land Brandenburg gemeldet. Im Oktober werden die Ergebnisse dann veröffentlicht und nach Brüssel übermittelt.

Text und Bilder: Ute Bönnen