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Kleinmachnow – Radfahrer zu Schrittgeschwindigkeit verpflichtet!

Auf den kombinierten Fuß- und Radwegen, die an größeren Straßen von Kleinmachnow angelegt sind, sind Radfahrende toleriert, doch Fußgänger haben Vorrang. Das Verkehrsschild „Radfahrer frei“ wird von vielen falsch interpretiert.

Kaum einem der Radfahrer ist klar, dass er verpflichtet ist, seine Geschwindigkeit den Fußgängern anzupassen. Mütter mit Kindern oder aus dem Grundstück tretende Anwohner haben Vorrecht. Im Alltag wollen Radfahrende jedoch, ebenso wie Autofahrer, schnell an ihr Ziel. Auf diesen gemeinsamen Fuß- und Radwegen müssen Radfahrende das Tempo erheblich drosseln, eine zügige Fahrt ist nicht mehr möglich. Schrittgeschwindigkeit heißt in diesem Fall 4 – 6 km/h (laut BKatV, Bußgeldkatalog-Verordnung), ansonsten drohen Bußgelder.

Regelverstöße und Konflikte zwischen Fußgängern und Radfahrern sind bei diesem Konzept der gemeinsamen, nur farblich voneinander abgesetzten Wege vorprogrammiert.

Nach der Wende, in den 90er-Jahren, ­erhält Kleinmachnow aus EU-Mitteln die Möglichkeit, innerhalb der Gemeinde den Radwegausbau zu finanzieren. Überall an den Hauptverkehrsachsen entstehen Radwege, mit einem nur farblich abgesetzten Fußgängerstreifen, nach dem Motto „Hauptsache weg von der Straße“. Vielen unsicheren oder älteren Radfahrern ist es nach wie vor lieber, getrennt vom Autoverkehr auf einem vermeintlich sicheren Radweg zu fahren. Die Erfahrung hat jedoch gezeigt, dass für diese Radler weitere Gefahrenpunkte an Einmündungen, Kreuzungen und Grundstücksausfahrten lauern.

Etwa im Umfeld der Kita „Freundschaft“ an der Karl-Marx-Straße. Die Lange Reihe quert diesen viel genutzten Weg, und sowohl für Rad- als auch für Autofahrer ist dieser Knotenpunkt äußerst unübersichtlich. Eltern mit ihren Kindern teilen zudem den begrenzten Platz mit radelnden Schülern und Pendlern, die diesen Weg in beide Richtungen mitbenutzen dürfen.

Entlang der Hohen Kiefer, der Karl-Marx-Straße und dem Zehlendorfer Damm liegen diese Kombiwege, zudem durch einen breiten Grünstreifen getrennt, zurückgesetzt von der Straße und damit für abbiegende Autos schlecht einsehbar. Vorbeifahrende Räder werden häufig zu spät wahrgenommen.
Kleinmachnow setzt trotzdem weiter auf die zweigeteilten Fuß- und Radwege. Im Weinbergviertel, vom Zehlendorfer Damm zur Volkshochschule, entsteht gerade für ca.1,5 Millionen Euro ein Zweiwegeradweg, der im Sommer fertig werden soll. Der Fußweg wird wieder unmittelbar daneben angelegt. Die Voraussetzung, diesen Kombiweg als Radweg auszuschildern, ist somit nicht gegeben.

Die diesjährige Teltow-Kleinmachnow-Stahnsdorf-Aktion „TKS fährt Rad“

Die strikte Radwegbenutzungspflicht ist seit 1998 abgeschafft, um die häufigen Unfälle mit Fußgängern, aber auch an Einfahrten und Knotenpunkten zu verringern. Wegen der zu geringen Breite entsprechen auch die meisten dieser kombinierten Rad- und Fußwege in der Gemeinde nicht mehr den gesetzlichen Anforderungen, und die Nutzungspflicht ist aufgehoben oder gleich ganz untersagt (z. B. an der Thälmannstraße, Richtung Steinweg).
Bleibt also die Straße, um zügig ans Ziel zu kommen. Doch Fahrräder stören den ungehinderten Verkehrsfluss, so eine noch immer weitverbreitete Ansicht. Aus der Perspektive der Radler sind zugeparkte Fahrradstreifen, unachtsame Abbieger, mangelnder Abstand und Fahrzeuge in zweiter Reihe eine ständige Bedrohung. Der Stress auf der Straße ist gestiegen. Viele Bewohner in Kleinmachnow haben einen Zweitwagen. Auch der Radverkehr hat stark zugenommen, mit einer wachsenden Zahl von E-Bikes.


Wie viel Platz wird dem Radverkehr in der Gemeinde zugestanden?

Jeden letzten Sonntag im Monat lädt die Arbeitsgruppe Verkehr der lokalen Agenda Kleinmachnow unter dem Motto „TKS fährt Rad“ zur gemeinsamen demonstrativen Radtour ein. Ziel der Initiative ist es, zu mehr Radfahren und damit einem umweltbewussteren Verhalten zu animieren. Gesichert durch Polizeiautos fuhren bei der letzten Raddemo etwa dreißig Fahrradfahrende in einer einstündigen Rundtour über Stahnsdorf, Güterfelde, Sputendorf zurück zur Schleuse.

Auch Aktionen wie das kürzliche „Stadtradeln“ sollen das Bewusstsein für eine umweltbewusstere Form der Mobilität fördern. Doch wie sicher sind Radelnde auf ihren alltäglichen Fahrradrouten in Kleinmachnow – ohne polizeilichen Begleitschutz und abseits von PR-Aktionen?

Wir haben in Kleinmachnow definitiv keine Radwege, betont der örtliche Vertreter des ADFC (Allgemeiner Deutscher Fahrradclub), Peter Weis. Eine Förderung des Radverkehrs gelingt nur mit einem ­attraktiven und sicheren Radverkehrsnetz. Fahrradstraßen und Radschnellwege sind bislang noch nicht geplant. Da sei die Diskussion innerhalb der Verwaltung noch nicht abgeschlossen, so Susanne Gasch (Verkehrsplanung). Der ADFC habe kürzlich Pläne vorgelegt, die jetzt geprüft werden. Überlegt wird, zunächst das ­Heidefeld und die Lange Reihe, die parallel zur ­Förster-Funke-Allee verläuft, als Fahrradstraßen auszuprobieren. Es sei aber grundsätzlich schwierig, den Autoverkehr gegen den Radverkehr auszuspielen.

Die Kreisverkehrsbehörde in Werder, die für den fließenden Verkehr in Kleinmachnow zuständig ist, setzt auf den Mischverkehr, da die Fahrbahnbreite der meisten Straßen keine eigenen Radstreifen zulässt.

Entlang der Hohen Kiefer sind Fahrradschutzstreifen angebracht, also gestrichelte Linien mit einem Radpiktogramm. Diese Seitenstreifen dürfen von Autofahrern nur ausnahmsweise überfahren werden, bloß kaum einer hält sich daran.

Im Kreuzungsbereich am Stolper Weg ist es für Radfahrende nicht einfach, wollen sie links abbiegen. Solange es an den Kreuzungen wie dem Stolper Weg keine eindeutigen Markierungen für die Radfahrer auf der Fahrbahn gibt, wird dies ein Gefährdungspotenzial bleiben.

Kombinierter Fuß- und Radweg in der Förster-Funke-Allee

Die aktuelle Planung sieht einen Zweirichtungsweg entlang des Zehlendorfer Damms vor, trotz Bedenken der Verkehrsbehörde Potsdam-Mittelmark und sogar des Landesbetriebes Straßenwesen. Dieser soll entlang der rechten Fahrbahnseite entstehen. Radfahrer sind damit direkt dem Gegenverkehr an dieser viel befahrenen Landesstraße ausgesetzt. Querungen sind, laut ADFC, bisher unzureichend berücksichtigt. Die Leiterin der Verkehrsplanung, Susanne Gasch, verweist dagegen auf ein Verkehrssicherheitsaudit, das in Auftrag gegeben sei, um mögliche Mängel auszugleichen.

Es gibt so einige Blockaden, von denen der Radfahrer auf seinem Weg durch Kleinmachnow wenig mitbekommt. Das Straßenverkehrsrecht, die mangelnden personellen und finanziellen Ressourcen, der Platz und letztlich auch der fehlende Wille behindern eine tatsächliche Verkehrswende zugunsten eines sicheren, aber zügigen Radwegnetzes.

Fotos: Ute Bönnen